„Erhebliche Umweltauswirkungen“ gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB
Bebauungspläne im beschleunigten Verfahren nach den § 13a BauGB aufzustellen, ist für Städte und Gemeinden nach wie vor attraktiv. Die kosten- und zeitaufwändige Umweltprüfung kann entfallen, Eingriffe in Natur und Landschaft gelten als ausgeglichen. Das beschleunigte Verfahren darf aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gewählt werden. Fehler haben hier fast immer die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge. Äußerste Sorgfalt ist daher angesagt bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 13a BauGB. Das zeigt einmal mehr die aktuelle Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg vom 24.09.2024 (4 KN 62/22).
Ausgangslage
Mit dem Bebauungsplan wollte die Gemeinde auf innerstädtischen Freiflächen neue Wohnbebauung ermöglichen. Sie überplante insgesamt rund 9,3 ha mit Wohnbauflächen. Bei der gewählten Grundflächenzahl von 0,3-0,4 ergab das eine zulässige Grundfläche von mehr als 2,0 ha (20.000 m²). § 13a BauGB differenziert bekanntlich zwischen kleineren Bebauungsplänen mit einer zulässigen Grundfläche von weniger zwei als 2,0 ha und größeren Bebauungsplänen mit einer zulässigen Grundfläche ab 2,0 ha. Bei den letztgenannten „großen“ Bebauungsplänen kann das beschleunigte Verfahren nur angewendet werden, wenn das Ergebnis einer Vorprüfung ergibt, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Der Gemeinde war das durchaus bewusst, jedoch hat sie den anzuwendenden Maßstab verkannt, namentlich die Reichweite des Begriffs „erhebliche Umweltauswirkungen“.
Neues Wohngebiet im lauten Umfeld
Das Problem: Die Gemeinde plante das Wohngebiet in einem Bereich, der bereits stark durch Lärmimmissionen vorbelastet war. Wie von ihr selbst ermittelt, wurden die Orientierungswerte der DIN 18005 (Lärmschutz im Städtebau) signifikant überschritten. Eine erhebliche Umweltauswirkung im Sinne von § 13a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BauGB sah sie darin nicht. Schließlich handelte es sich nach Auffassung der Gemeinde ja um Störungen, die von außen in das zukünftige Plangebiet einwirken und folglich gerade nicht von den durch den Bebauungsplan festgesetzten zukünftige Nutzungen selbst verursacht würden. Aus der Perspektive des neuen Wohngebiets handelte es sich also um Einwirkungen, nicht um Auswirkungen. Orientiert man sich streng am Wortlaut, ist die Auffassung der Gemeinde durchaus überzeugend.
Einwirkungen = Auswirkungen
Das OVG Lüneburg sah das anders. Eine erhebliche Umweltauswirkung des Bebauungsplans liege vor, weil in Bezug auf das Schutzgut Mensch durch die Planung des Wohngebiets eine Konfliktlage geschaffen werde. Mit anderen Worten: Aus Sicht des OVG ist es einerlei, ob ein Bebauungsplan eine lärmintensive Nutzung zulässt, die ein angrenzendes, bereits vorhandenes schutzbedürftiges Wohngebiet erheblich beeinträchtigt oder ob umgekehrt durch den Bebauungsplan ein Wohngebiet in den Einwirkungsbereich einer lärmintensiven Nutzung herangerückt. In beiden Fällen handelt es sich um Umweltauswirkungen im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB. Ergibt die Vorprüfung, dass diese Umweltauswirkungen erheblich sind, scheidet das beschleunigte Verfahren aus.
Praxishinweis
Das beschleunigte Verfahren für die Aufstellung von Bebauungsplänen der Innenentwicklung soll gerade die Nachverdichtung in den Städten erleichtern. Handelt es sich um Flächen, die – wie so oft – bereits stark durch Lärm vorbelastet sind, sollte sich die Gemeinde nach Möglichkeit auf einen kleinen Bebauungsplan (weniger als 2,0 ha) beschränken. Andernfalls sollte sie lieber gleich zum Regelverfahren greifen.