Im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens (VGH Mannheim, Urt.v. 10.07.2024 -8 S 1529/22) hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zuletzt über Festsetzungen einer baden-württembergischen Gemeinde zum Maß der baulichen Nutzung zu entscheiden. Die von der Plangeberin im betreffenden Verfahren gewählten Maßfestsetzung entsprachen, so der VGH, nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Bebauungsplan wurde unter anderem aufgrund dieses materiellen Fehlers für unwirksam erklärt.
Möglichkeiten der Maßfestsetzungen
Um einen qualifizierten Bebauungsplan aufzustellen, bedarf es neben Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, der überbaubaren Grundstücksfläche und der örtlichen Verkehrsflächen auch solcher zum Maß der baulichen Nutzung. Nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) können diese Festsetzungen für den gesamten Plangeltungsbereich, für Teile des Baugebiets, aber auch für Grundstücksteile und Teile baulicher Anlagen getroffen werden. Außerdem können sie auch den Bereich oberhalb und unterhalb der Geländeoberflächen betreffen. § 16 BauNVO ermöglicht es, auf unterschiedliche Anforderungen und Sachverhalte einzugehen und individuelle Regelungen zu schaffen. Von diesen Möglichkeiten machen Plangeber insbesondere in Bestandslagen immer wieder Gebrauch.
Ausgenommene Gebäudeteile
Die sich aus dem Gesetz ergebenden Möglichkeiten wollte die Gemeinde im vorliegenden Aufstellungsverfahren für sich nutzen, indem sie u.a. festsetzte, dass untergeordnete Gebäudeteile wie beispielsweise Zwerchgiebel und -häuser (Querbauten) von der Festsetzung der Traufhöhe ausgenommen seien. Eine konkrete Festsetzung (Maßangabe) zu diesen vorbezeichneten Gebäudeteilen traf sie jedoch nicht. Der Senat des VGH ist der Auffassung, dass hierin eine unzulässige Regelung der Zulässigkeit etwaiger Überschreitungen der maximalen Traufhöhe liegt. Diese Festsetzung ist daher nicht von § 16 Abs. 5 BauNVO bzw. § 31 Abs. 1 BauGB gedeckt. Denn diese Regelung stellte keine klassische Ausnahme zur (Maß-)Festsetzung dar, über die sodann die Bauaufsicht zu entscheiden hätte. Mangels konkreter Maßvorgaben konnte hierin auch keine abweichende Festsetzung nach § 9 Abs. 3 S. 2 BauGB bzw. § 16 Abs. 5 BauNVO für ebendiese Gebäudeteile zu verstehen sein, sodass die Regelung im gesamten fehlerhaft war.
Festsetzung nach prozentualen Anteilen
Die von der Plangeberin gewählten Maßfestsetzungen wiesen weitere Fehler auf. Denn in Bezug auf die festgesetzte Traufhöhe wurde zudem die Vorgabe getroffen, dass mindestens 60% der Gebäudelänge die festgesetzte Traufhöhe aufweisen müsse. Diese Festsetzung erfolgt ohne rechtliche Grundlage, weshalb sie ebenfalls fehlerhaft ist. Denn weder ist die Festsetzung nach Anteilen (in Prozent) dem Wortlaut nach möglich, noch entspricht sie dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Der VGH beanstandete die Regelung mit der Begründung, dass § 9 Abs. 3 S. 2 BauGB bzw. 16 Abs. 5 BauNVO wörtlich nur von Anlagenteilen, nicht jedoch von Anteilen spricht. Demnach müssen diese Anlagenteile örtlich lokalisierbar sein.
Bestimmtheitsgebot
Eine weitere Begründung findet sich im Grundsatz der Bestimmtheit. Denn Bebauungspläne, welche als Satzungen nach § 10 BauGB beschlossen werden, werden am Rechtsstaatsprinzip gemessen. Da die Festsetzungen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Grundeigentums der jeweiligen Eigentümer darstellen, müssen diese Festsetzungen eindeutig und bestimmt sein. Durch die vage Angabe von Prozentsätzen, ohne diese auf einzelne Gebäudeteile zu begrenzen und konkrete Vorgaben zur einzuhaltenden Größe zu treffen, ist diese Regelung jedenfalls zu unbestimmt.
Zuletzt ergibt sich die Unterscheidung zwischen Anlagenteilen und Anteilen auch aus dem Wortlaut des Gesetzes. Denn während bei den Maßvorschriften lediglich von „Teilen von baulichen Anlagen“ die Rede ist, besteht im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung zudem die Möglichkeit einer anteiligen (in Prozenten) Regelung, vgl. § 4a Abs. 4 Nr. 2, § 6a Abs. 4 Nrn. 3 und 4 oder § 7 Abs. 4 Nr. 3 BauNVO.
Solche Festsetzungsfehler werden regelmäßig im Normenkontrollverfahren erkannt, da das zuständige Gericht im Rahmen des Verfahrens eine umfassende Prüfung vornimmt. Das Gericht moniert derartige Fehler selbst dann, wenn der Antragssteller diese Mängel nicht erkannt hat. So lag der Fall auch im vorliegenden Verfahren.
Aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes haben Kommunen im Rahmen der Planaufstellung kein Festsetzungserfindungsrecht. Vielmehr müssen sie sich bei der Aufstellung eines Angebotsbebauungsplan an die Vorgaben des § 9 BauGB halten und sollten von weitergehenden Festsetzungen absehen.