Das neue Wettbewerbsregister

15.07.2022

Zum 1. Juni 2022 ist eine weitere Stufe aus dem Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) in Kraft getreten. Für öffentliche Auftraggeber ergibt sich daraus eine Abfragepflicht in Vergabeverfahren. Welche Neuregelungen bringt das Wettbewerbsregister mit sich?

Bundesweites Register

Beim Wettbewerbsregister handelt es sich um eine bundesweite elektronische Datenbank, die beim Bundeskartellamt geführt und verwaltet wird. Es hat den Sinn, öffentlichen Auftraggebern die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Unternehmen, das sich an einem Vergabeverfahren beteiligt hat, wegen bestimmter Wirtschaftsdelikte vom Vergabeverfahren auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann. Diese Pflicht bestand zwar bereits früher, jedoch bietet das Wettbewerbsregister nun die Möglichkeit, diese Informationen elektronisch abzufragen. Damit dies möglich wird, muss die Datenbank vorher mit den entsprechenden Informationen „gefüttert“ werden (insbesondere durch die Strafverfolgungsbehörden).

Was in das Wettbewerbsregister einzutragen ist, ist in § 2 WRegG geregelt. Es geht hierbei insbesondere um Ausschlussgründe nach § 123 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gegen das Unternehmen. Hierzu zählen rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle wegen bestimmter Straftaten nach dem Strafgesetzbuch, wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung und wegen bestimmter Verstöße gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, das Dritte Buch des Sozialgesetzbuches, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das Mindestlohngesetz sowie gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Hierbei gelten nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 WRegG bestimmte „Bagatellgrenzen“, d.h. eine Eintragung erfolgt erst ab einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Geldbuße von mindestens 2.000 Euro.

Abfragepflicht

Zum 1. Juni 2022 ist für öffentliche Auftraggeber, deren Vergaben bestimmte Schwellenwerte erreichen, die Pflicht zur Abfrage relevanter Informationen aus dem Wettbewerbsregister in Kraft getreten (bisher bestand nur eine Abfragemöglichkeit). Diese Schwellenwerte liegen für „klassische“ Auftraggeber bei einem Auftragswert von 30.000 Euro netto. Für Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber gelten hierfür dagegen die Schwellenwerte für europaweite Vergabeverfahren (also z. B. für Liefer- und Dienstleistungsaufträge von Sektorenauftraggebern ab 431.000 EUR netto und für Bau- und Dienstleistungskonzessionen ab 5.382.000 EUR netto).

Diese Abfragepflicht beim Wettbewerbsregister ersetzt die bisherige Einholung einer Auskunft aus dem Gewerbezentralregister und den Korruptionsregistern der Länder. Das Gewerbezentralregister kann allerdings auf freiwilliger Basis noch für weitere drei Jahre nach dem 1. Juni 2022 abgefragt werden.

Noch nicht registriert? Dann bitte schnell handeln!

Um der Abfragepflicht nach dem WRegG nachzukommen, müssen sich Auftraggeber beim Wettbewerbsregister registrieren. Intern müssen sie die organisatorischen und technischen Voraussetzungen dafür schaffen. Die Registrierung erfolgt durch Nutzung des Registrierungssystems SAFE in Verbindung mit einem Registrierungsantrag an das Bundeskartellamt, welcher über einen sicheren Übermittlungsweg (= besonderes elektronisches Behördenpostfach oder De-Mail) erfolgen muss.

Abfragemöglichkeit für Unternehmen

Ab dem 1. Juni 2022 können Unternehmen außerdem jährlich einmal abfragen, ob es Eintragungen über sie im Wettbewerbsregister gibt (Auskunftsgebühr: 20 Euro). Für dort eingetragene Unternehmen besteht zudem die Möglichkeit zur sogenannten „Selbstreinigung“, d.h. zur Beseitigung der gegen sie bestehenden Ausschlussgründe. Diese Möglichkeit bestand auch schon vor dem Wettbewerbsregister. Ob ein Unternehmen die Voraussetzungen der Selbstreinigung erfüllt, haben die Auftraggeber aber bislang im Einzelfall bewertet. Betroffene Bieter haben durch das Wettbewerbsregister nun zusätzliche Optionen. Sie können sicherstellen, dass jeder Auftraggeber über die getroffenen Selbstreinigungsmaßnahmen informiert wird, noch bevor er die Entscheidung über einen Angebotsausschluss trifft. Das Bundeskartellamt stellt hierfür auf seiner Webseite ein standardisiertes Formular zur Verfügung.

Ein eingetragenes Unternehmen kann außerdem beim Bundeskartellamt unabhängig von einem konkreten Vergabeverfahren einen Antrag auf vorzeitige Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen durchgeführter Selbstreinigung stellen (vgl. § 8 WRegG). Voraussetzung ist, dass das Unternehmen ein berechtigtes Interesse an dieser vorzeitigen Löschung glaubhaft macht (dies dürfte immer dann gegeben sein, wenn sich das Unternehmen um öffentliche Aufträge bewerben will) und dass die Selbstreinigung nach den Vorgaben der § 123 Abs. 4 Satz 2 GWB bzw. § 125 GWB nachgewiesen ist.

Gelingt dem Unternehmen dieser Nachweis, erfolgt die Löschung aus dem Wettbewerbsregister. Hierdurch tritt eine Bindung für alle Auftraggeber ein, d.h. das Fehlverhalten, das aus dem Wettbewerbsregister gelöscht wurde, darf nicht mehr als Ausschlussgrund berücksichtigt werden.

Informationsverzeichnis und Informationsstelle in Hessen

Unabhängig vom neuen (bundesweiten) Wettbewerbsregister hat auch der hessische Gesetzgeber im Wege der Novellierung des Hessischen Vergabe- und Tariftreue-Gesetzes (HVTG) zum 01.09.2021 mit dem Informationsverzeichnis über schwere Verfehlungen von Unternehmen ein neues Instrument zum Schutz vor unzuverlässigen Unternehmen und deren Nachunternehmen geschaffen. Dieses Verzeichnis der Informationsstelle bei der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt tritt neben das neue Wettbewerbsregister des Bundes.

Allerdings gilt die Abfragepflicht bei der Informationsstelle nur für öffentliche Auftraggeber des Landes Hessen ab einem Auftragswert von 30.000 Euro. Den kommunalen Auftraggebern in Hessen (Gemeinden, Gemeindeverbänden, Eigenbetrieben, etc.) steht es dagegen frei, eine solche Abfrage vorzunehmen. Sofern sie sich hierfür entscheiden, muss allerdings eine Abfrage beim Wettbewerbsregister UND eine Abfrage gemäß § 17 HVTG bei der Informationsstelle der OFD erfolgen. Inhaltlich gilt folgende Unterscheidung:

  • Erfassung im Wettbewerbsregister: schwere Verfehlungen, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung oder einem Bußgeldbescheid geführt haben, Verfehlungen nach § 123 GWB 
  • Erfassung im Informationsverzeichnis: schwere Verfehlungen, die noch nicht zu einer Verurteilung oder einem Bußgeldbescheid geführt haben, insbesondere Verfehlungen nach § 124 GWB

Für das neue bundesweite Wettbewerbsregister gilt: Öffentliche Auftraggeber, die sich noch nicht registriert haben, sollten dies zeitnah tun! Praktische Tipps zur Registrierung sowie einen Leitfaden gibt es auf der Homepage des Bundeskartellamts.