Lärmbelästigung durch Parkplätze für E-Autos

15.07.2022

Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme gilt auch für Vorhaben zur Errichtung von Parkplätzen für Elektrofahrzeuge im Innenstadtbereich. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin jüngst entschieden (Urteil vom 31. März 2022 - VG 13 K 184/19).

Schallimmissionen durch Türenschlagen

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in Berlin-Prenzlauer Berg. Das Grundstück ist mit einem fünfgeschossigen Vorder- und einem viergeschossigen Hinterhaus bebaut, die ganz überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden. Im zweiten Hinterhof befindet sich eine Remise, die bis 2019 als Autowerkstatt diente. Die Klägerin beantragte im Jahr 2016 u.a. die Errichtung von fünf Parkplätzen im zweiten Hof mit zwei Elektroanschlüssen. Das Bezirksamt lehnte dies unter Berufung auf Schallimmissionen ab, die auch von Elektrofahrzeugen ausgehen könnten. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie meint, Elektroautos beeinträchtigten die Umgebung kaum, und von einer Ruhezone im Hinterhofbereich könne nicht die Rede sein. Die Richtwerte eines allgemeinen Wohngebiets würden tagsüber eingehalten, und in den Nachtzeiten seien die Parkplätze wegen der vormaligen Werkstattnutzung als Vorbelastung nicht rücksichtlos. Die im Übrigen von den Fahrzeugen bzw. ihren Nutzern ausgehende Lärmbelästigung, etwa durch das Zuschlagen der Türen, sei bei modernen Autos zu vernachlässigen. Der Argumentation der Klägerin folgte das Verwaltungsgericht Berlin nicht und wies die auf Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Klage ab. Da für das Gebiet kein Bebauungsplan vorhanden sei, könne das Vorhaben keinem ausgewiesenen Baugebiet zugeordnet werden. Das Vorhaben sei somit an seiner konkreten Umgebung zu messen. Insgesamt bestehe hier zwar eine Gemengelage (Eigenart der Umgebungsbebauung), in die sich das Vorhaben einfüge, es sei aber wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme unzulässig. Diesbezüglich führte das Verwaltungsgericht weiter aus, dass unter Berücksichtigung der gesamten Situation und nach Abwägung der schutzwürdigen Belange die Betroffenen unzumutbar beeinträchtigt seien.

Unstrittig sei zwar, dass von den allein zugangsberechtigten Elektroautos keine störenden Fahrgeräusche oder akustische Warnsignale ausgehen würden; aller Voraussicht nach würden aber, wie sich aus mehreren gerichtlich eingeholten Gutachten ergebe, die Geräusche des Türenschlagens die zulässigen nächtlichen Werte überschreiten. Auch wenn einzelne Elektrofahrzeuge zwischenzeitlich über elektrisch verschließende Türen und Kofferraumklappen verfügten, sei dies überwiegend noch nicht der Fall. Eine Auflage in der Baugenehmigung, dass lautes Türenschlagen nachts zu vermeiden ist, sei bei lebensnaher Betrachtung nicht umzusetzen.

Kreativität der Autobauer gefragt

Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin folgt, dass auch bei Elektrofahrzeugen keineswegs davon ausgegangen werden darf, dass diese mangels Verbrennungsmotor keine Geräuschimmissionen verursachen. Vielmehr sind im Rahmen der Nutzung eines Fahrzeuges im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme alle im Zusammenhang mit dem Fahrzeug stehenden Nutzungen in die Bewertung mit einzubeziehen. Relevant werden bei Elektrofahrzeugen somit insbesondere solche Nutzungen, die sich nur mittelbar aus der Nutzung des Fahrzeuges zur Fortbewegung ergeben (z.B. das Zuschlagen der Türen und des Kofferraumes). Dies kann sich – wie im vorliegenden Fall – zunächst im Rahmen der Beantragung einer Baugenehmigung auswirken, ist jedoch auch auf der vorgelagerten Ebene der Bauleitplanung zu beachten. Das Urteil verdient vor diesem Hintergrund nicht nur seitens der Betreiber von Parkplätzen für E-Autos (im Regelfall mit entsprechender Lademöglichkeit) Beachtung, sondern wirkt sich auch auf die Abwägungsentscheidung der planenden Gemeinden/Städte bezüglich der Ausweisung entsprechender Parkflächen aus. Ein Parkplatz für Elektroautos dürfte dementsprechend auch im Rahmen der Bauleitplanung (trotz geringeren Lärmimmissionen durch das “Fahren an sich“) nicht grundlegend anders bewertet werden als ein normaler Parkplatz für sämtliche PKW-Typen. Ob das Urteil angesichts der voranschreitenden Automatisierung (Stichwort “selbst verschließende Türen/Kofferraumklappen”) weiterhin Bestand haben wird, bleibt derweil der Kreativität und Entwicklungsfreudigkeit der Automobilbranche überlassen.