Legalisierung von Gemeindestraßen auf privatem Grund

15.09.2022

Häufig verlaufen Gemeindestraßen aus unterschiedlichen Gründen auf privaten Grundstücken. Den jeweiligen Grundstückseigentümern ist dies zumeist ein Dorn im Auge. Die Gemeinden stehen in diesen Fällen dann häufig vor der Aufgabe, die Straßennutzung legalisieren zu müssen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die bestehenden Handlungsoptionen.

Ausgangslage

Straßen, Wege und Plätze haben die Eigenschaft einer öffentlichen Straße, wenn sie nach den Vorschriften des jeweiligen Landesstraßengesetzes als öffentliche Straßen gewidmet wurden. Mit der Widmung wird die Straße förmlich und dauerhaft dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt. Unproblematisch ist dies bei solchen Straßen, deren Verkehrsflächen im Eigentum der Gemeinde bzw. Stadt stehen.

Für zahlreiche Gemeindestraßen trifft dies jedoch gerade nicht zu. Sofern die Straße auf privaten Grundstücken liegt, bedarf es für die Rechtmäßigkeit der Widmung dann einer zusätzlichen Gestattung des Grundstückseigentümers. Liegt eine solche nicht vor, ist die Widmung rechtswidrig.

Nun stehen Gemeinden aufgrund entsprechender Beschwerden von Einwohnern häufig vor dem Problem, die Rechtsnatur von Straßenflächen auf Privateigentum klären zu müssen. Für neue Straßen stellt diese Beurteilung in der Regel keine besondere Schwierigkeit dar. Problematisch gestaltet sich hingegen die Beurteilungen solcher Straßen, die, insbesondere nach Kriegsende, in rechtlich ungeordneten Verhältnissen entstanden sind. Häufig sind die entsprechenden Grundstücke mehrfach verkauft worden und wichtige Unterlagen zu Nutzungsvereinbarungen zwischen der Gemeinde und den Grundstückseigentümern nicht mehr auffindbar. Bezüglich solcher Straßen stehen der jeweiligen Gemeinde dann unterschiedliche rechtliche Optionen zur Verfügung.

Erwerb der Fläche

Eine naheliegende und zugleich praktikable Möglichkeit ist der Erwerb der Verkehrsflächen durch die Gemeinde. Hierzu wird ein Grundstückskaufvertrag zwischen dem Eigentümer des Grundstücks und der Gemeinde geschlossen. Da die Gemeinde aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit keine überhöhten Grundstückspreise zahlen darf, wird der Kaufpreis in der Regel anhand des Verkehrswertes festgesetzt. Nach Abschluss des Kaufvertrages gehen die Flächen sodann in das Eigentum der Stadt über. Dies hat zur Folge, dass keine Nutzungsgestattung mehr eingeholt werden muss und die Straße ggf. nochmals gewidmet werden kann.

Gestattung der Nutzung

Eine weitere Möglichkeit ist der Abschluss einen Gestattungsvertrages zwischen dem Grundstückseigentümer und der Gemeinde. In der Regel wird dann für die Benutzung der Verkehrsfläche seitens der Gemeinde ein entsprechendes Nutzungsentgelt gezahlt. Mit dem Gestattungsvertrag liegen sodann auch die Voraussetzungen für eine Widmung vor, sodass diese nochmals klarstellend erfolgen könnte. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Abschluss eines Gestattungsvertrages bedingungslos, d. h. ohne eine entsprechende Befristung, erfolgt.

Enteignung

Sofern weder ein Grundstückserwerb noch eine Gestattung der Nutzung in Betracht kommen, ist seitens der Gemeinde eine Enteignung der Grundstückseigentümer in Betracht zu ziehen. Die Enteignung ist im Einzelfall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck (Erhaltung der Verkehrsfläche) nicht auf andere zumutbare Weise erreicht werden kann. Eine Enteignung kommt im Ergebnis einem Erwerb des Grundstückes gleich, sodass die Verkehrsfläche anschließend im Eigentum der Gemeinde steht und eine klarstellende Widmung erfolgen kann.

Argumentation mit Widmung kraft unvordenklicher Verjährung

Liegen der Gemeinde keine Nachweise für eine bereits erfolgte Widmung vor, kann zuletzt die Rechtsvermutung der Widmung kraft unvordenklicher Verjährung zur Beurteilung der Rechtsverhältnisse herangezogen werden. Erforderlich für die Vermutung ist gleichermaßen, dass die Straße bereits seit „Menschengedenken“ genutzt worden ist, sowie dass kein Widerspruch des Grundeigentümers vorliegt. Vielmehr muss gerade die Duldung der Nutzung als Straße vorgelegen haben. Aufgrund der erheblichen Auswirkungen für den Eigentümer stellt die Rechtsprechung konsequent hohe Anforderungen an einen entsprechenden Nachweis. Sofern die Gemeinde mit einer solchen Argumentation dennoch durchdringen kann, gilt die Straße bereits als gewidmet und kann weiterhin genutzt werden.

Wahl der Mittel stets Einzelfallentscheidung

Die Problematik, dass sich von der Allgemeinheit genutzte Verkehrsflächen in Privateigentum befinden, ist zumindest auf kommunaler Ebene keine Seltenheit. Anhand der dargestellten Handlungsmöglichkeiten stehen der Gemeinde jedoch unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, eine entsprechende Legalisierung der Straße zu erwirken.

Welche der dargestellten Möglichkeiten vorzugswürdig ist, kann lediglich im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Grundsätzlich lässt sich jedoch festhalten, dass in der Regel entweder ein Erwerb der Flächen oder die Vereinbarung eines Gestattungsvertrages die beste Handlungsoption darstellt. Zwar stellt die Argumentation mit einer Widmung kraft unvordenklicher Verjährung die kostengünstigste Möglichkeit dar, die zu erbringenden Nachweise erfordern jedoch einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Eine Enteignung darf hingegen stets nur das letzte Mittel sein und ist folglich auch nur in Ausnahmefällen anzuwenden.