Regelverjährung von Ersatzansprüchen aufgrund Verzugs

14.10.2022

Nach einem Streit zwischen Bauherrn und Bauunternehmen, der die Beilegung der Arbeiten und Aussetzen der Zahlungen zur Folge hatte, machten die Auftraggeber Ersatzansprüche geltend. Nach dem Weg durch die Instanzen hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 19.05.2022 – VII ZR 149/21 nun entschieden, dass der Anspruch auf Ersatz eines Verzugsschadens der dreijährigen Regelverjährungsfrist unterliegt. Dabei sind auch vorhersehbare nachträgliche Schadensfolgen mitumfasst. Um die Verjährung künftig zu erwartender Schäden zu verhindern, muss der Geschädigte Feststellungsklage erheben.

Klageeinreichung nach 9 Jahren

Ein Bauunternehmer verpflichtete sich mit Bauvertrag aus Januar 2008 zur schlüsselfertigen Herstellung eines Einfamilienhauses. Mit den Bauherren wurde eine Bauzeit von drei Monaten sowie eine Vertragsstrafe in Höhe von 45 EUR pro Tag, maximal jedoch 5 % des Pauschalpreises, vereinbart. Nachdem es während der Bauarbeiten zu einem Streit über die ordnungsgemäße und sachgerechte Leistungserbringung kam, verweigerten die Bauherren weitere Abschlagszahlungen. Der Bauunternehmer stellte in der Folge seine Arbeiten ein. Daraufhin forderten ihn die Bauherren unter Fristsetzung zur Wiederaufnahme der Arbeiten sowie zur Einhaltung des vereinbarten Fertigstellungstermins bis zum 05.09.2008 auf.

Die Frist verstrich fruchtlos. Indes klagte der Bauunternehmer auf die Vergütung aus den Abschlagsrechnungen. Die Klage hatte vor Gericht jedoch keinen Erfolg, da das streitgegenständliche Bauwerk nachweislich Mängel aufwies. Nach Abweisung der Klage erklärten die Bauherren 2013 vom Vertrag. Sie bezogen das Einfamilienhaus nach dessen Teilabriss und Neuherstellung im Juli 2015. Mit der im März 2017 erhobenen Klage machen die Bauherren neben der Vertragsstrafe Schadensersatzansprüche für die Kosten einer notwendigen Kücheneinlagerung, für Bereitstellungszinsen und entgangene Nutzung in Höhe von insgesamt 167.000 EUR geltend.

Zunächst gab das Landgericht Rostock der Klage statt, im Berufungsverfahren des Oberlandesgerichts (OLG) Rostock wurden die Ansprüche der Kläger jedoch insgesamt zurückgewiesen, da sie verjährt seien. Die Verjährung des Erfüllungsanspruchs habe bereits im Jahre 2018 zu laufen begonnen. Die Entscheidung ging zur Revision zum BGH.

Grundsatz der Schadenseinheit

Die Revision blieb jedoch ohne Erfolg. Der VII. Zivilsenat des BGH bestätigt das Urteil des OLG Rostock, dass die Schadensersatzansprüche der Kläger gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB wegen Verzugs des Bauunternehmers mit der Herstellung der Leistung, als auch der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe, verjährt seien. Der Verzugsschadensersatzanspruch verjähre in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Gemäß den Vorschriften §§ 195, 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Die Abnahme der Leistung ist hier nicht relevant. Der Bauunternehmer sei in Verzug geraten, da er das Einfamilienhaus schon 2008 hätte fertigstellen müssen. Der Verjährungsbeginn sei damit der Schluss des Jahres 2008. Zu diesem Zeitpunkt sei den Klägern die fehlende Fertigstellung und die hieraus resultierenden Schäden bekannt gewesen.

Nach der Auffassung des BGH käme es für die Verjährung der Schadensersatzansprüche auch nicht darauf an, wann ein Teilschaden eingetreten ist. Die Verjährung des Verzugsschadensersatzes beginne einheitlich für den gesamten Schaden nach dem Grundsatz der Schadenseinheit, sobald der erste Vermögensnachteil eingetreten ist. Monatlich steigende Kosten oder sich vertiefende Schadensersatzpositionen seien nicht ausschlaggebend. Der BGH stellte klar, dass dem Geschädigten die Erhebung einer Feststellungsklage zumutbar ist, um die Verjährung auch künftig entstehender Schäden zu verhindern.

Auch hinsichtlich der Vertragsstrafe unterlagen die Bauherren aufgrund Verjährung. Mit Beginn der Verjährungsfrist spätestens im Jahr 2009 sei mit Ablauf des Jahres 2012 Verjährung eingetreten.

Praxisrelevanz des Urteils

Die Entscheidung setzte sich, entgegen den Erwartungen, nicht mit der Frage der Verjährung von Mängelansprüchen vor der Abnahme auseinander, die das OLG Rostock hervorgerufen hatte. In seiner Entscheidung vertritt das OLG die Auffassung, dass der werkvertragliche Erfüllungsanspruch vor dem nach der Abnahme bestehenden Nacherfüllungsanspruch verjährt. Damit schloss sich das Gericht nicht der Auffassung des OLG Hamm an, welches sich für eine Verjährung des Erfüllungsanspruchs in der Regelverjährung, aber nicht vor Verjährung der Mängelansprüche, aussprach.

Diese Rechtsfrage hat der BGH nicht aufgeklärt. Die Verjährung der Ansprüche war in der vorliegenden Konstellation schlicht aus Verzugsgesichtspunkten zu betrachten. Dabei erfasst die Verjährung des Verzugsschadensersatzanspruchs auch nachträglich eingetretener Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung als möglich vorhersehbar waren. Drohen dem Bauherrn aus dem Verzug des Bauunternehmers Schäden, so muss er die Verjährung der Ansprüche dringend im Blick behalten. Für die Hemmung der Ansprüche ist dann an eine Feststellungsklage zu denken. Auch der BGH findet es zumutbar, dass sich die Geschädigten hinsichtlich der Verjährung schon aufgrund der Kenntnis von haftungsbegründenden Schädigungen auch in Bezug auf weitere Schadensfolgen durch eine Feststellungsklage absichern.