Städtebauliche Vorkaufssatzung: Auch zur Sanierung eines Einzelobjekts!

15.12.2022

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat in seiner Entscheidung vom 26.11.2022 (5 S 1259/20) den Gemeinden einen großzügigen Spielraum beim Einsatz von Vorkaufssatzungen eingeräumt. Danach kann auch die beabsichtigte Sanierung einer ehemaligen Winzerhalle mit dem Ziel, sie anschließend als Kulturhalle zu nutzen, eine städtebauliche Maßnahme darstellen, die sich durch Vorkaufssatzung absichern lässt.

Der Erlass einer Vorkaufssatzung nach § 25 BauGB ermöglicht es der Gemeinde, ein Vorkaufsrecht beim Verkauf von Grundstücken im festgelegten Satzungsgebiet auszuüben. Das Vorkaufsrecht führt dazu, dass die Gemeinde auf der Erwerberseite in den Kaufvertrag eintreten und sich so Eigentum an dem betroffenen Grundstück verschaffen kann. Der Anwendungsbereich einer Vorkaufssatzung ist aber nicht beliebig. Vielmehr regelt § 25 Abs. 1 BauGB abschließend die Fälle, in denen eine städtebauliche Vorkaufssatzung erlassen werden darf. Einer dieser Fälle betrifft sogenannte “städtebauliche Maßnahmen” (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB). Ob unter diesen Begriff auch rein rechtliche oder tatsächlichen Maßnahmen fallen, ist in Rechtsprechung und Literatur bislang noch nicht abschließend geklärt. Obergerichtlich bestätigt wurde das bisher nur vom Bayerischen VGH. Dem hat sich nun auch der VGH Mannheim angeschlossen.

Begründung des gemeindlichen Vorkaufsrechts durch Satzung

Im vorliegenden Fall wollte die Gemeinde eine ehemalige Winzerhalle sanieren und zu einer öffentlichen Kulturstätte umbauen. Jahrelange Bemühungen der Gemeinde, die Winzerhalle freihändig zu erwerben, scheiterten vor allem am Kaufpreis. Daraufhin beschloss der Gemeinderat die Vorkaufssatzung auf Grundlage von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, in deren räumlichen Geltungsbereich sich das mit der Winzerhalle bebaute Grundstück befand. Zugleich fasste der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss, dass die Gemeinde beabsichtige, die Winzerhalle baldmöglichst baulich zu sanieren und als öffentliche Einrichtung für kulturelle Angebote/Veranstaltungen rund um das Thema „Wein“ zu betreiben. Durch den Erwerb, die Sanierung und die traditionelle Nutzung solle der langfristige Erhalt des Gebäudes im Ensemble mit dem Heimatmuseum gesichert und der Bebauungsplan umgesetzt werden.

Käufer wehrt sich gegen Ausübung des Vorkaufsrechts

Als die ehemalige Winzerhalle schließlich verkauft wurde, übte die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht aus. Der Käufer war allerdings wenig begeistert und klagte dagegen. Er berief sich darauf, dass die bloße Sanierung und der Umbau eines Gebäudes keine “städtebauliche Maßnahme” im Sinne der Ermächtigungsgrundlage darstellten. Die Vorinstanz gab ihm noch recht. Der VGH jedoch hob die Entscheidung auf und bestätigte die Vorgehensweise der Gemeinde.

Eine städtebauliche Maßnahme, die ein Vorkaufsrecht begründen kann, ist nach dem VGH auch die von der Gemeinde zur Umsetzung des Bebauungsplans vorgesehene rechtliche und tatsächliche Gesamtmaßnahme „bauliche Sanierung der Winzerhalle mit dem Ziel, dass diese als öffentliche Einrichtung für örtliche kulturelle Angebote bzw. Veranstaltungen weiterhin genutzt werden kann“, die auch die gestalterische Veränderung des Vorplatzes umfasse. Diese Maßnahme erschöpfe sich auch nicht in der Verwirklichung einer rein objektbezogenen Einzelmaßnahme, weil sie dem Erhalt und der weiteren künftigen Nutzung des ortsbildprägenden Ensembles „Alte Kelter/Winzerhalle“ und damit einer planerischen Vorstellung diene, die gebietsbezogen in dem zuvor erlassenen Bebauungsplan deutlich zum Ausdruck kommt. Indem die Gemeinde auf diese Weise planerische Belange i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 4 und 5 BauGB verfolge, liege der erforderliche städtebauliche Bezug vor.

Fazit

Auch die Sanierung und der Umbau eines Einzelobjekts können Gegenstand einer Verkaufssatzung sein, wenn dies Ausdruck einer gebietsbezogenen städtebaulichen Planungsvorstellung ist. Die Gemeinde tut allerdings gut daran, ihre städtebaulichen Planungsvorstellungen für das ins Auge gefasste Gesamtareal zumindest in einem Grundsatzbeschluss oder auf vergleichbare Weise zu dokumentieren.