Richtige Abrechnung einer Grünanlage nach BauGB

15.03.2022

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte sich in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung damit zu beschäftigen, nach welchem Regime die Kosten für eine im Bebauungsplan festgesetzte Grünanlage abzurechnen sind (Urteil vom 19. Mai 2021 – 9 C 3/20): Nach den Regelungen des Erschließungsbeitragsrechts oder nach den Vorschriften über die Kostenerstattung für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen? Die Besonderheit des Falles lag darin, dass die Grünanlage neben ihrer Erschließungsfunktion für das Baugebiet auch zugleich als Ausgleichsfläche für die durch den Bebauungsplan zugelassenen Eingriffe in Natur und Landschaft diente - keine seltene Kombination in der kommunalen Planungspraxis.

Kein Wahlrecht!

Für die Refinanzierung einer von der Gemeinde hergestellten öffentlichen Grünanlage, die im Bebauungsplan festgesetzt ist, kommen im Grundsatz sowohl das Erschließungsbeitragsrecht als auch die naturschutzrechtliche Kostenerstattung in Betracht. Nach § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB sind Erschließungsanlagen u.a. auch Parkflächen und Grünanlagen, soweit sie nach städtebaulichen Grundsätzen zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind. Das Vorliegen einer erschließungsbeitragsfähigen selbstständigen Grünanlage setzt dabei voraus, dass es sich um tatsächlich begrünte Flächen handelt, die der Erholung der Anwohner dienen sollen, die in räumlicher Nähe zu der Anlage leben oder arbeiten. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB (öffentliche Grünflächen) gehören aber auch zu den rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für die planerische Festsetzung von Ausgleichsflächen und Ausgleichsmaßnahmen, weshalb eine im Bebauungsplan als öffentliche Grünanlage festgesetzte Fläche zugleich auch eine naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme i.S.d. § 135a i.V.m. § 1a Abs. 3 BauGB darstellen kann.

Sowohl für Erschließungsbeiträge nach § 127 Abs. 1 BauGB als auch für Kostenerstattungsbeträge nach § 135a Abs. 3 BauGB gilt, dass die Gemeinde auf ihre Erhebung nicht einfach verzichten kann. Das war es aber dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Die Grundsätze für die Erhebung der Beträge unterscheiden sich nämlich in wesentlichen Punkten: Bei der Herstellung der Grünanlage als Erschließungsanlage erfüllt die Gemeinde eine eigene Aufgabe und muss nach § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB einen Eigenanteil von zehn Prozent des beitragsfähigen Erschließungsaufwands selbst tragen. Bei der Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen hingegen wird sie für den Vorhabenträger oder die Grundstückseigentümer tätig. Die Abrechnung der Kosten für Ausgleichsmaßnahmen folgt dem Verursacherprinzip. Demgegenüber ist die Erschließung durch Grünanlagen für ein Plangebiet zwar dienlich, für dessen Bebaubarkeit aber nicht zwingend erforderlich. Folglich richtet sich die Abrechnung nach dem Vorteilsprinzip. Dies führt dazu, dass sich sowohl der Kreis der Zahlungspflichtigen als auch der Maßstab für die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Schuldner unterscheiden. Vor diesem Hintergrund ist es von entscheidender Bedeutung, nach welchem Abrechnungsregime die Heranziehung zu Zahlungen für die Herstellung einer öffentlichen Grünanlage erfolgt.

Vorrang der naturschutzrechtlichen Kostenerstattung

Das BVerwG hat in seiner Entscheidung - im Ergebnis übereinstimmend mit der inzwischen nahezu einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur - festgestellt, dass die Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen ausscheidet, soweit die Grünanlage bestimmungsgemäß die Funktion einer naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahme erfüllt. Aufwand und Kosten, die im Anwendungsbereich des § 135a BauGB abgerechnet werden könnten, sind dem Erschließungsbeitragsrecht entzogen. Der Ausschluss des Erschließungsbeitragsrechts im Anwendungsbereich des § 135a BauGB ist im Übrigen nicht davon abhängig, ob die Gemeinde durch eine Zuordnungsentscheidung nach § 135a Abs. 2 Satz 1 BauGB die Voraussetzungen für eine tatsächliche Erhebung des naturschutzrechtlichen Kostenerstattungsbetrags geschaffen hat. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 135a Abs. 3 Satz 2 BauGB besteht bei Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen die Pflicht zur Kostenerhebung. Wenn und soweit die Gemeinde naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen festsetzt, ist sie daher zur Zuordnung und Abrechnung nach den §§ 135a ff. BauGB verpflichtet, wobei eine Zuordnung auch nachträglich erfolgen kann, wie sich aus § 135a Abs. 2 Satz 2 BauGB ergibt. Dieser Verpflichtung kann sich die Gemeinde nicht dadurch entziehen, dass sie auf ein Abrechnungsregime zurückgreift, das anderen Grundsätzen folgt und daher nach dem Kreis der Schuldner und der Art und Höhe der Verpflichtungen zu ganz anderen Belastungen führt.

Praxishinweis

Die der Entscheidung zugrunde liegende Problematik ist nicht mit der häufig auftretenden Konstellation zur verwechseln, dass durch im Bebauungsplan festgesetzte Erschließungsanlagen, beispielsweise öffentliche Verkehrsflächen, selbst ein Eingriff in Natur und Landschaft erfolgt, der – ebenso wie die übrigen Eingriffe zum Beispiel durch Festsetzung einer Wohnbaufläche – ausgeglichen werden muss. Die Ausgleichsmaßnahmen sind dann nach § 135a BauGB abzurechnen, ganz im Sinne der hier besprochenen Entscheidung. Dabei entfällt ein Anteil auch auf die erwähnten öffentlichen Erschließungsanlagen, welche üblicherweise im Eigentum der Gemeinde oder Stadt verbleiben. Den genauen Anteil regelt die Zuordnungsfestsetzung im Bebauungsplan. Die naturschutzrechtliche Kostenerstattung, die auf die öffentlichen Erschließungsanlagen im Sinne von § 127 Abs. 2 BauGB entfällt, ist wiederum Teil des Erschließungsaufwands der Gemeinde, der (abzüglich des Eigenanteils der Gemeinde) über Erschließungsbeiträge abzurechnen ist.