VG Stuttgart: Klage gegen Untersagung einer gewerblichen Altkleidersammlung erfolgreich

31.07.2017

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Gericht die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen. Diese kann innerhalb eines Monats nach Zustellung der vollständigen Entscheidungsgründe, die noch nicht vorliegen, eingelegt werden.

Nach Rechtsauffassung der 14. Kammer des Verwaltungsgerichts hat das Landratsamt Böblingen, welches das beklagte Land Baden-Württemberg vertritt, dem Unternehmer (eine Firma) die gewerbliche Sammlung zu Unrecht untersagt. Denn der Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegen. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nicht festzustellen. Der Auffassung des Landratsamtes, dem Abfallwirtschaftsbetrieb stehe aufgrund der Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - KrWG - der uneingeschränkte Zugriff auf das gesamte potentielle Sammelaufkommen - auch soweit es von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen erfasst wird - im Landkreis Böblingen zu, ist nicht zu folgen, da dieser Auffassung - wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beanstandet hat - ein europarechtswidriges Gesetzesverständnis zugrunde liegt. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger genießt mit der Aufnahme seiner Sammeltätigkeit gerade keinen absoluten Schutz vor jedweder Konkurrenz durch gewerbliche Sammler, sondern muss sich selbst am Markt behaupten. Nach dem Urteil des BVerwG vom 30.06.2016 (Az.: 7 C 4.15) ist er nur vor Einbußen in die von ihm vorgehaltene Entsorgungsstruktur geschützt, soweit diese bedarfsgerecht auf die von ihm tatsächlich erzielte bzw. aufgrund konkreter Planungen erwartete Sammelmenge zugeschnitten ist. Da der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Böblingen seit der Aufnahme seiner Sammlung von Alttextilien im Jahr 2013 einen kontinuierlichen Anstieg seines Sammelaufkommens verzeichnen konnte - von ca. 1.200 Tonnen im Jahr 2013 auf rund 1.800 Tonnen im Jahr 2016 - sind solche Einbußen, die zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit geführt hätten, trotz der parallel durchgeführten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht eingetreten.