BVerwG: Elbtunnel A 20 weist Planungsfehler auf - Klagen dennoch weitgehend ohne Erfolg

29.07.2016

Der planfestgestellte Abschnitt gehört zur „Nord-West-Umfahrung Hamburg“, die bei Lübeck an die von Stettin kommende Ostseeautobahn anknüpft und in ihrem hier umstrittenen Teil die Elbe bei Glückstadt mittels eines etwa 5,7 km langen Tunnels quert. Für die Planfeststellung wurde der Streckenabschnitt an der Landesgrenze zwischen Schleswig-Holstein und Niedersachsen in der Mitte der Elbe in zwei selbstständige Verfahren unterteilt.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte über die Klagen dreier Umweltverbände (BUND, NABU und Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein), der Gemeinde Kollmar, des Kreises Steinburg, des Unternehmens Elbfähre Glückstadt-Wischhafen und 22 privater Kläger zu entscheiden. Es hat auf die Klagen der Naturschutzverbände einen einzelnen Fehler festgestellt, zahlreiche weitere Rügen jedoch zurückgewiesen. Die Klagen der übrigen Kläger hat das Bundesverwaltungsgericht abgewiesen.

Die gesetzliche Bedarfsfeststellung für das im geltenden Fernstraßenbedarfsplan als vordringlicher Bedarf ausgewiesene Tunnelprojekt ist für das Gericht verbindlich. Auch unter dem Gesichtspunkt der Finanzierbarkeit sind unüberwindliche Schranken nicht erkennbar geworden. Für den Fall, dass eine Privatfinanzierung scheitern sollte, hat der Bund erklärt, dass eine Finanzierung aus Haushaltsmitteln erfolgt.

Das zwischen Schleswig-Holstein und Niedersachsen abgestimmte Konzept für die Sicherheit des doppelröhrigen Straßentunnels hält der rechtlichen Überprüfung stand. Nach der nicht zu beanstandenden Prognose der Planfeststellungsbehörde gewährleisten die vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen ein ausreichendes Sicherheitsniveau, das demjenigen der freien Strecke entspricht. Wesentliche Elemente dieses Sicherheitskonzepts sind eine permanente Überwachung der Höchstgeschwindigkeit von maximal 80 km/h, ein Detektionssystem, das Brände schon nach 15 Sekunden erkennt und automatisch der Betriebszentrale meldet, ein hochwirksames Lüftungssystem, das im Brandfall die Rauchausbreitung wesentlich vermindert, sowie 20 Notausgänge in Form von Querverbindungen zwischen den beiden Tunnelröhren. Der Senat hat berücksichtigt, dass das Sicherheitskonzept noch in der mündlichen Verhandlung in zweifacher Hinsicht verbessert worden ist: So werden zum einen fünf statt bisher zwei Querschläge zwischen den Tunnelröhren so ausgestaltet, dass sie von den Einsatzfahrzeugen der Rettungsdienste befahren werden können. Zum anderen hat sich der Beklagte darauf festgelegt, dass auf schleswig-holsteinischer Seite hauptamtliche Wachabteilungen der Feuerwehr für den Tunnel geschaffen werden.

Mit den Anforderungen des Naturschutzes ist das Vorhaben vereinbar. Die Schutzziele des FFH-Gebietes „Wetternsystem in der Kollmarer Marsch" und des Vogelschutzgebietes „Unterelbe bis Wedel“ werden ebenso wenig erheblich beeinträchtigt wie Belange des Artenschutzes.

Ein rechtlicher Fehler ist der Planfeststellungsbehörde aber hinsichtlich des Gewässerschutzes unterlaufen. Der Europäische Gerichtshof hat - allerdings erst nach Erlass des hier umstrittenen Planfeststellungsbeschlusses - entschieden, dass die Genehmigung eines Vorhabens regelmäßig versagt werden muss, wenn es geeignet ist, nach Maßgabe bestimmter Kriterien den Zustand der fraglichen Wasserkörper zu verschlechtern oder die Erreichung eines guten Zustandes zu gefährden. Um diesen Anforderungen im Nachhinein zu genügen, hat die Behörde zwar einen wasserrechtlichen Fachbeitrag nachträglich erstellen lassen. Da dieser in Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe wesentlich über die bisherigen Untersuchungen hinausging und überdies zu einer Änderung des Planfeststellungsbeschlusses führte, hätte aber eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müssen, was unterblieben ist.

Der festgestellte Fehler wirkt sich nur auf die Klagen der drei Umweltverbände aus; im Verhältnis zu den anderen Klägern liegen keine durchgreifenden Fehler vor. Der Senat hat daher auf die Umweltverbandsklagen hin den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Die beklagte Behörde kann den Fehler heilen, indem sie ein ergänzendes Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchführt. Soweit das Bundesverwaltungsgericht keine Fehler festgestellt hat, ist der Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig und damit weiterem Streit entzogen.