BGH: Bereits erklärte Abnahme der übrigen Erwerber gilt nicht für „Nachzügler“ einer WEG

22.07.2016

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verlangt von einem Bauträger Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum an der Wohnungseigentumsanlagesowie die Feststellung der Ersatzpflicht zur Übernahme etwaiger weiterer Sanierungskosten. Am 15. Dezember 2004 wurde ein Übergabeprotokoll zu den Außenanlagen erstellt, in dem verschiedene ausstehende Nacharbeiten festgehalten wurden. Im November 2006 erwarb ein Nachzügler die noch im Eigentum des Bauträgers stehende, bislang ungenutzte Penthousewohnung, die der Bauträger nach dessen Sonderwünschen aus- und umbaute. Im Dezember 2006 nahm der Nachzügler die Sonderwunscharbeiten ab. In § 3 des Bauträgervertrags heißt es:

"Das Bauwerk ist durch die Vertragsparteien oder mit schriftlicher Vollmacht ausgestattete Vertreter förmlich abzunehmen. Der Abnahmetermin wird vom Veräußerer bestimmt. Die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums ist bereits erfolgt. Der Verkauf gilt nach Maßgabe dieser Abnahme als vereinbart."

Im Jahr 2012 erhebt die WEG nach Abtretung der Ansprüche durch den Nachzügler Klage. Der Bauträger hat das Vorliegen von Mängeln bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.

Im Ergebnis hat die Klage der WEG in allen Instanzen Erfolg. Die Haftung des Bauträgers für Baumängel richtet sich nach Werkvertragsrecht (hier: Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung gem. § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB). Hier konnte es offenbleiben, ob nach der Schuldrechtsreform auf bereits fertig gestellte Eigentumswohnungen, nach wie vor Werkvertragsrecht anwendbar ist, denn der Bauträger hatte Um- und Ausbauarbeiten in der Wohnung durchgeführt. Der Vertrag enthielt eine ergänzende Herstellungsverpflichtung, die ihm insgesamt das Gepräge eines Werkvertrags verliehen hat. Die Klausel in § 3 Nr. 2 Abs. 3 des Erwerbsvertrages ist vom Bauträger vorformuliert gewesen und wegen Verkürzung der Gewährleistungsfrist unwirksam. Sie führt zu einer Vorverlagerung des Verjährungsbeginns auf einen Zeitpunkt, zu dem der Nachzügler die Wohnung weder erworben noch übergeben bekommen hatte. Eine Abnahme durch Ingebrauchnahme und anschließende Nutzung sowie eine konkludente Abnahme wurden verneint. Die WEG kann zumindest im vorliegenden Fall auch vor Abnahme Vorschuss verlangen. Es kann weiter offenbleiben, ob vor Abnahme Mängelansprüche geltend gemacht werden können.

Praxishinweis:

Die Entscheidung des BGH ist nicht überraschend. Bauträger sehen ein Bedürfnis, bei mehreren Erwerbern die Abnahme des so genannten Gemeinschaftseigentums zu bündeln. Viele Klauseln in den Bauträgerkaufverträgen zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums sind jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und der Oberlandesgerichte unwirksam. Die Folge ist dann: Noch Jahre nach der vermeintlichen Fertigstellung können die Käufer (bzw. in ihrem Namen die WEG) die erstmalige abnahmereife Herstellung des Gemeinschaftseigentums verlangen bzw. werkvertragliche Mängelansprüche geltend machen.