BGH: Beurteilungszeitpunkt für Mangelhaftigkeit der Leistung ist die Abnahme

21.06.2016

Der Auftraggeber (AG) macht Mängelansprüche, insbesondere Vorschussansprüche für Aufwendungen zur Beseitigung von Mängelnder Fliesenarbeiten an den Bädern in zwei Studentenwohnheimen geltend. Nach der Abnahme kam es zu ersten Feuchteschäden insbesondere im Bereich der Nasszellen. Der AG behauptet, der Auftragnehmer (AN) habe die Fugen mangelhaft hergestellt. Zur Beseitigung sei es erforderlich, die Boden- und Wandflächen im Bereich der Duschen zu überfliesen. Der AN behauptet, der Zustand der Fugen beruhe auf einer unsachgemäßen Reinigung der Fliesen oder durch die Verwendung eines nicht geeigneten Fugenmaterials durch die vom AG beauftragte Streithelferin. Landgericht und OLG geben der Klage statt. Es könne offenbleiben, ob für den mangelhaften Zustand der Fugen eine unzureichende Herstellung, falsches Fugenmaterial oder eine nachträgliche Beschädigung durch unsachgemäße Reinigung verantwortlich seien. Auch bei Verwendung eines ungeeigneten Reinigungsmittels liege die Ursache des Mangels im Verantwortungsbereich des AN. Er hätte aufgrund seines größeren Fachwissens den AG darauf hinweisen müssen, dass eine Reinigung nur mit neutralen oder alkalischen Reinigungsmitteln möglich sei.

Dies hielt der rechtlichen Nachprüfung durch den BGH nicht stand. Die Nichtzulassungsbeschwerde des AN zum BGH hat dahin Erfolg, dass das OLG die Ursache der Schäden aufklären muss. In dem unstreitigen Zustand der Fugen, die Schadstellen aufweisen, läge noch kein Mangel des Werks des AN vor. Für die Beurteilung, ob ein Werk mangelhaft ist, käme es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Abnahme an und dass die Beschädigungen der Fugen erst später vorliegen. Mit einem nach einer durchgeführten Abnahme eingetretenen Zustand könne die Mangelhaftigkeit eines Werks allein nicht begründet werden. Das OLG hätte somit nicht offenlassen dürfen, ob der AN die Fugen mangelhaft hergestellt hatte. Waren die Fugen fachgerecht hergestellt, bestehen keine Mängelansprüche, da schon kein Mangel vorläge. Der BGH kritisiert ferner die Annahme des OLG, die Mängelhaftung ergebe sich aus der Verletzung der Hinweispflicht. Die Mängelhaftung, insbesondere die verschuldensunabhängigen Ansprüche auf Nachbesserung, Vorschuss und Ersatz der Ersatzvornahmekosten, knüpfen allein an die objektive Mangelhaftigkeit des Werks an. Stammt die Ursache des Mangels nicht aus dem Verantwortungsbereich des Unternehmers, kann er sich durch Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht von der Mängelhaftung befreien. Die Verletzung der Hinweispflicht sei aber nicht geeignet, die Mängelhaftung zu begründen. Der Hinweis, mit dem der Unternehmer sich von der Mängelhaftung befreien kann, ginge dahin, dass er so wie beabsichtigt oder mit der vorgefundenen Situation kein mangelfreies Werk erstellen kann.

Praxishinweis:

Die Hinweise des BGH zum Beurteilungszeitpunkt der Mangelhaftigkeit der Leistung sind zutreffend. Sie entsprechen ständiger BGH Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05). Auch unter Zugrundelegung der Regelung des § 13 Abs. 3 VOB/B sind die Ausführungen zutreffend. Eine nicht vom Unternehmer zu verantwortende Ursache für die Mangelhaftigkeit eines Werks, kann ihn dann nicht entlasten, wenn er einer ihn treffenden Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Denn insbesondere der Nacherfüllungsanspruch des § 635 BGB knüpft ausschließlich an die objektive Mangelhaftigkeit des Werks an. Diese verschuldensunabhängige Mängelhaftung wird durch einen Sach- oder Rechtsmangel des vom Unternehmer hergestellten Werks begründet; die Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht ist demgegenüber ein Tatbestand, der den Unternehmer hiervon befreit.