OLG München: Verjährung von Mängelansprüchen nach stillschweigender Abnahme

09.05.2016

Die Auftraggeberin (AG), hier eine WEG, beauftragte die Auftragnehmerin im Anwesen der Klägerin Holzfenster und Kunststofffenster auszutauschen. Vereinbart war eine Gewährleistungsfrist von 5 Jahren. Die Arbeiten wurden fertig gestellt. Am 02.07.2007 wurde ein mit „Abnahmeniederschrift“ bezeichnetes Dokument unterzeichnet. Im Jahr 2011 wurden privatgutachterlich von der AG Mängel festgestellt. Die forderte mit Schreiben vom 13.04.2012 die AN unter Fristsetzung zur Beseitigung der im Gutachten festgestellten Mängel bis 04.05.2012 auf. Die AN hat bestritten, dass das Gutachten dem Schreiben vom 13.04.2012 beigefügt gewesen sei. Das Gutachten ging der AN spätestens am 03.05.2012 mit einem weiteren Aufforderungsschreiben und Frist zur Mängelbeseitigung zu. Am 22.06.2012 beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Mit Schreiben vom 15.01.2014 forderte die AG nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens erneut die AN unter Fristsetzung zur Beseitigung der in den Gutachten festgestellten Mängel auf. Die AN berief sich auf Verjährung. Daraufhin wurde am 07.04.2014 Klage gegen die AN eingereicht, die am 14.05.2014 zugestellt wurde. Das LG gab der Klage mit der Begründung statt, der Anspruch auf den begehrten Kostenvorschuss sei nicht verjährt. Die Abnahme vom 02.07.2007 sei dem streitgegenständlichen Werkvertrag zuzuordnen und die Verjährung sei durch Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens und anschließende Klageerhebung rechtzeitig gehemmt worden.

Dies hält der rechtlichen Überprüfung des OLG nicht stand. Die Klageforderung ist nach Auffassung des OLG München verjährt. Die vereinbarte Gewährleistungsfrist von 5 Jahren sei hier abgelaufen. Entscheidend ist der Beginn der Verjährungsfrist. Zwar habe eine Abnahme nach § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B nicht stattgefunden, da die Voraussetzungen einer Abnahme nach dieser Vorschrift nicht schlüssig von der AN dargetan wurden, jedoch liege hier eine stillschweigende Abnahme vor. Die AN hat mit ihrer Schlussrechnung der Verwalterin und Vertreterin der AG die Fertigstellung ihrer Leistungen angezeigt und diese in Rechnung gestellt. Im Folgenden wurde die Rechnung durch das für die AG tätige Architektenbüro geprüft. Am 20.04.2007 ist der AN also zur Kenntnis gelangt, dass die AG den endgültig geforderten Rechnungsbetrag, soweit er fällig war, vollständig an die AN ausbezahlt hat. Die AG hat somit unter Mitwirkung ihrer Architekten in einer mehraktigen Prüfung die Schlussrechnung geprüft und den fälligen Teil vollständig ausbezahlt. Eine derartige Zahlung des Rechnungsbetrags unter diesen Umständen und nach Rechnungsprüfung durch das beauftragte Architektenbüro kann vom Vertragspartner nur als stillschweigende Billigung des Werks als vertragsgemäße Leistung verstanden werden, wobei die Zahlung als konkludente Willensäußerung aufzufassen ist (vgl. BGH, NJW 1970, 421). Konkrete Umstände, die die Annahme einer konkludenten Billigung des Werks ausschließen würden, sind von der Klägerin nicht dargetan. Eine stillschweigende Abnahme ist auch beim VOB-Vertrag möglich. Zu einem einem anderen Ergebnis käme man nur, wenn feststünde, dass die Arbeiten, die Gegenstand der Schlussrechnung vom 20.12.2006 waren, nicht vollständig erbracht waren. Denn eine stillschweigende Abnahme kann nur angenommen werden, wenn die Arbeiten fertiggestellt wurden, jedenfalls bis auf unwesentliche Kleinigkeiten, die eine Abnahmefähigkeit nicht ausschließen.

Die Verjährung habe auch nicht im Sinne des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B durch schriftliche Mängelanzeige neu zu laufen begonnen. Das hätte zwar dadurch geschehen können, indem bis zum 20.04.2012 eine Aufforderung zur Beseitigung bestimmter Mängel der Beklagten zugegangen wäre. Davon wäre auszugehen, wenn die AG mit dem Anwaltsschreiben vom 13.04.2012 zugleich das Gutachten vom 30.11.2011 zugegangen wäre. Denn damit wären die Mängel, zu deren Beseitigung aufgefordert wurde, hinreichend bezeichnet worden. Das Schreiben vom 13.04.2012 benennt für sich allein die Mängel hingegen nicht. Den bestrittenen Zugang konnte die AG jedoch nicht beweisen. Die Mängelansprüche sind daher nach Auffassung des OLG mit Ablauf des 20.04.2012 verjährt. Spätere Maßnahmen wie die Beantragung eines selbständigen Beweisverfahrens oder die spätere Klageerhebung konnten an der eingetretenen Verjährung nichts mehr ändern.

Praxishinweis:

Der Entscheidung ist nicht uneingeschränkt zu folgen. In der Literatur und Rechtsprechung wird durchaus die Auffassung vertreten, dass eine stillschweigende Abnahme beim Vorliegen wesentlicher Mängel nicht in Betracht kommt. Dieser Rechtsauffassung folgt das OLG München nicht, sodass einer konkludenten Abnahme nicht bereits entgegensteht, dass das Werk mangelhaft ist. Es käme nicht darauf an, ob tatsächlich Mängel bestehen, sondern darauf, ob der Auftragnehmer annehmen darf, dass aus der Sicht des Auftraggebers das Werk im wesentlichen mängelfrei hergestellt ist, etwa weil sich Mängel noch nicht gezeigt haben, und er durch sein Verhalten die Billigung des Werkes zum Ausdruck gebracht hat.