OLG Düsseldorf: Prüfungspflicht des Architekten kann sich auch auf fremde Planung erstrecken

11.02.2016

Der Auftraggeber (AG) beauftragte im Rahmen eines Bauprojektes einen Architekt (A1) mit der Kontrolle der Ausführungsplanung, sachkundigen Vertretung der Bauherrschaft auf der Baustelle und Projektkontrolle des gesamten Bauvorhabens. Die Ausführungsplanung erbrachte ein anderer Architekt (A2). Dieser änderte in Absprache mit allen Beteiligten nachträglich die Ausführungsplanung der Tiefgaragenrampe. Aufgrund der mangelhaften Abdichtung der Tiefgaragenrampe ist am Gebäude ein Feuchtigkeitsschaden entstanden. Der A1 hat außergerichtlich ein wie auch immer geartetes Verschulden am Schaden des AG und Ansprüche des AG dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Da eine außergerichtliche Einigung scheiterte, streiten die Parteien um die Haftung der Baubeteiligten für die Folgen der mangelhaften Abdichtung einer Tiefgaragenzufahrt des neu erbauten Einfamilienhauses des AG. Das LG hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der Klage des AG überwiegend stattgegeben und eine Haftung des A1 bejaht. Hiergegen richtet sich der A1 mit seiner Berufung.

Die Berufung blieb ohne Erfolg. Der A1 haftet dem AG aus §§ 280 Abs. 1, 257 BGB, da er seine Vertragspflichten (Kontrolle der Ausführungsplanung, sachkundige Vertretung der Bauherrschaft auf der Baustelle, Projektkontrolle des gesamten Bauvorhabens) verletzt hat. Das LG geht zu Recht davon aus, dass der A1 im Rahmen der von ihm übernommenen Kontrolle der Ausführungsplanung bzw. der Projektkontrolle des gesamten Bauvorhabens dafür zu sorgen hatte, dass im Hinblick auf die Tiefgaragenabfahrt eine hinreichende Abdichtung in die Ausführungsplanung aufgenommen und auch umgesetzt wurde. Dass der A1 dies nicht sichergestellt und die Änderung der Planungen im Hinblick auf eine fachgerecht vorzunehmende Abdichtung der Abfahrt nicht hinreichend kontrolliert und korrigiert hat, hat das LG zutreffend als Verletzung seiner vertraglichen Pflichten bewertet, die auch ursächlich für den entstandenen Schaden ist. Da der A1 sich zur Kontrolle der Ausführungsplanung vertraglich verpflichtet hat und dafür auch das vertraglich vereinbarte Entgelt in nicht unerheblicher Höhe vereinnahmt hat, musste er sich auch mit etwaigen eigenmächtigen Anordnungen/Planungsänderungen seitens des A2 - jedenfalls im Rahmen seiner Koordinierungspflichten für den insgesamt reibungslosen Ablauf des Baugeschehens und das erfolgreiche Zusammenwirken aller Baubeteiligten - inhaltlich auseinandersetzen und ggf. korrigierend eingreifen und durfte sich unter den gegebenen Umständen keinesfalls - jedenfalls aber nicht ohne eindeutigen Hinweis an die Klägerin als Bauherrin (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.1984, VII ZR 305/83, BauR 1985, 229;) darauf zurückziehen, mit alledem habe er schlicht nichts mehr zu tun. Die Arbeiten an der Tiefgaragenrampe würden keine "Routinearbeit" darstellen, die ein fachkundiger Dachdecker und ein Bauleiter auch ohne Detailplanung hätte bewerkstelligen müssen. Vielmehr handelte es sich um besonders riskante und daher im Detail zu planende und auch besonders überwachungsbedürftige Abdichtungsarbeiten und jedenfalls nach Änderung der Ausführungsweise bzw. erst recht nach Bedenkenanmeldung seitens der ausführenden Werkunternehmerin trafen den A1 gesteigerte Planungs- bzw. Überwachungspflichten, auf deren Verletzung der eingetretene Schaden auch beruht.

Praxishinweis:

Der bauüberwachende Architekt muss die Ausführungsplanung des planenden Architekten vor Weitergabe an die ausführenden Firmen prüfen; unterlässt er dies und führt ein Fehler in der Planung zu einem Mangel am Bauwerk, so haftet er gegenüber dem Bauherren uneingeschränkt; der Bauherr muss sich nicht das Verschulden des Planers anrechnen lassen. Im Hinblick auf die Frage, ob der Bauherr sich das Verschulden des planenden Architekten bei der Inanspruchnahme des aufsichtführenden Architekten als eigenes Mitverschulden anrechnen lassen muss, liegt eine abweichende Entscheidung des BGH vor (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2008 - VII ZR 206/06). Unberührt bleibt die Feststellung der Pflicht des aufsichtführenden Architekten, die Planung zu prüfen.