OLG Köln: Umplanung des Auftraggebers kann zu Verlängerung der vereinbarten Ausführungsfristen führen

25.11.2015

Ein Generalübernehmer (GÜ) wird mit der Modernisierung und Renovierung von Sondereigentum und der Fassade an dem Objekt des Auftraggebers (AG) beauftragt. Die VOB/B wird vereinbart. Die vom AG nach Vertragsschluss vorgelegte Fassadenplanung enthält umfangreiche Änderungen, weshalb es aufgrund zahlreicher offener Fragen sogar zu einer Bauunterbrechung kommt. Als die vertraglichen Ausführungsfristen überschritten werden, erklärt der AG die Kündigung des Bauvertrags und verlangt Fertigstellungsmehrkosten Fassade in Höhe von 213.575,91 €, Fertigstellungsmehrkosten Innenausbau in Höhe von 957.538,30 €, Verzugsschäden in Höhe von 48.778,07 €, sowie Aufwendungen für eine Haftpflichtversicherung in Höhe von 891,39 €. Das LG hat die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil hat der AG Berufung eingelegt.

Ohne Erfolg, denn die Voraussetzungen für eine verzugsbedingte Kündigung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B (2006) lagen weder im Zeitpunkt der Aufhebung des die Fassade betreffenden Vertragsteils noch im Zeitpunkt der Kündigung des teilweise, nämlich hinsichtlich des Innenausbaus zunächst noch - kurze Zeit - fortgeführten Vertrages vor. Entscheidend ist, ob der AG zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Vertragsaufhebung berechtigt gewesen wäre, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen; ist das zu bejahen, so besteht - vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Regelung in Zusammenhang mit der Vertragsaufhebung - auch ein Mehrkostenerstattungsanspruch (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1973, VII ZR 113/71, NJW 1973, 1463 f.; OLG Köln, BauR 2003, 1578 f.). Der Anspruch auf Ersatz von Fertigstellungsmehrkosten nach Auftragsentziehung gem. § 8 Nr. 3 VOB/B (2006) setzt voraus, dass der Auftraggeber zur Kündigung des Bauvertrages aus wichtigem Grund berechtigt war (BGH, Urt. v. 20.8.2009, VII ZR 212/07, BauR 2009, 1736 ff.). Dies war hier nicht der Fall.

Wünscht der AG wie hier eine Umplanung, die vom ursprünglich vereinbarten Bausoll abweicht, stellt sich als der Risikosphäre des AG zuzuordnende offenkundige Behinderung im Sinne des § 6 Abs. 1 VOB/B dar. Denn die Lieferung aller für die Ausführung nötigen freigegebenen Pläne gehört zu den notwendigen Mitwirkungshandlungen des AG (§ 4 VOB/B) und die Anordnung von Änderungen fällt in seine Risikosphäre. Vereinbarte Ausführungsfristen verlängern sich daher in einem solchen Fall, soweit nicht die Umplanung ihren maßgeblichen Grund in konkreten Mängeln findet, die der AN zu vertreten hat, weil es sich dann insoweit um einen Umstand aus der Risikosphäre des AN selbst handelt. Die Umplanung war hier nicht durch konkrete Mängel bedingt, so dass die Umsetzung der Planung zu einer Verlängerung der Ausführungsfristen geführt hatte. Diese Umplanung war ihrem Umfang nach von grundlegender Bedeutung und rechtfertigte deshalb eine Verschiebung der Ausführungsfristen gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 a VOB/B. Die Umplanung ging damit in ihren Auswirkungen deutlich über eine Korrektur von der Klägerin geltend gemachter Mängel der ursprünglichen Fassadenplanung hinaus und rechtfertigte deshalb eine Verschiebung der Ausführungsfristen gem. § 6 Nr. 2 Ziff. 1 a) VOB/B (2006). Damit waren die ursprünglich vereinbarten Vertragsfristen obsolet und der GÜ befand sich mit der Ausführung seiner Leistung zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung nicht in Verzug. Der GÜ sei auch nicht dazu verpflichtet gewesen, die Folgen der Behinderung durch die Ergreifung von Beschleunigungsmaßnahmen aufzufangen.

Praxishinweis:

Zwar nimmt das OLG Köln eine Anordnung nach § 1 Abs. 3 VOB/B als offenkundige Behinderung an, sodass hiernach die Anzeige der Behinderung nach § 6 Abs. 1 S. 1 VOB/B entbehrlich wäre, jedoch ist dem Auftraggeber dennoch in der Praxis zu empfehlen, eine Behinderung stets (auch wenn diese „offenkundig“ zu sein scheint) anzuzeigen und diese bei Wegfall wieder abzumelden (§ 6 Abs. 3 Satz 2VOB/B). Will nämlich ein Auftragnehmer Schadenersatzansprüche aus einer Behinderung ableiten, so muss er diese konkret darlegen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 21.03.2002 (Az.: VII ZR 224/00) angeführt, dass in der Regel eine bauablaufbezogene Darstellung zur Behinderung notwendig ist.