BGH: Die vom Vertrag abweichende Leistung ist mangelhaft

11.11.2015

Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung der Außenanlagen an einem Supermarkt. Gegenstand der Auftragserteilung war unter anderem die Anlage eines Parkplatzes mit gepflasterten Stellflächen und Fahrspuren. Die Vertragsparteien vereinbarten die Anwendung der VOB/B. Im Rahmen der Pflasterarbeiten verwendete die Beklagte zu 1 anstelle des im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Kieses der Körnung 0/5 einen Kies der Körnung 2/5, das heißt einen Kies ohne besonders feinkörnige Anteile mit einem Durchmesser unterhalb von 2 mm. Die Werkleistung des AN wurde abgenommen. Drei Jahre nach Abnahme zeigten sich im Bereich der Pflasterarbeiten, vor allem an den besonders belasteten Stellen (Fahrspuren), Mangelsymptome unter anderem in Form loser Pflastersteine. Eine umfassende Mangelbeseitigung nahm der AN auch nach erfolgter Mangelrüge und Fristsetzung seitens des AG nicht vor. Der AG verlangt vom AN Schadensersatz in Höhe von 125.658,00 € für die teilweise ausgeführte und noch nicht vorgenommene Sanierung der gepflasterten Stellplätze des Parkplatzes. Der AN behauptet, Ursache hierfür sei allein der Umstand, dass der AG die ihm obliegenden Nachsandung unterlassen habe. Landgericht und OLG verurteilen den AN antragsgemäß. Dagegen wendet sich der AN mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

Der BGH hebt das Urteil auf und verweist die Sache zur Aufklärung der Ursache für die Mangelerscheinungen an das OLG zurück, da die Würdigung des Berufungsgerichts, dass der von dem AN zu leistende Schadensersatz nicht unverhältnismäßig sei, auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Allerdings ist die Leistung des AN mangelhaft, ohne dass es auf die Ursache der Mangelerscheinungen ankommt. Ein Sachmangel liegt nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB - und Entsprechendes gilt für § 13 Nr. 1 VOB/B (2002) - auch dann vor, wenn eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht zu einer Beeinträchtigung des Werts oder der Gebrauchstauglichkeit des Werks führt (vgl. Kniffka/Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand: 28. Juli 2015, § 633 BGB Rn. 40 und 45; BeckOGK/Schmidt, BGB, Stand: 3. November 2014, § 633 Rn. 98). Eine Einschränkung des Fehlerbegriffs, wie sie in § 633 Abs. 1 letzter Halbsatz BGBa.F. enthalten ist, ist in § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB entfallen. Wirkt sich eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht oder nur in geringem Maße nachteilig aus, kann dies zwar die Prüfung veranlassen, ob bei Mängelansprüchen des Bestellers der Einwand entgegensteht, der Mängelbeseitigungsaufwand sei unverhältnismäßig (so schon BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 75/11, BGHZ 198, 150 Rn. 15 zu § 633 Abs. 2 BGB a.F.). An dem Vorliegen eines Mangels in derartigen Fällen ändert dies allerdings nichts. Wirkt sich die Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit aber nicht oder nur in geringem Maße nachteilig aus, ist zu prüfen, ob die Mängelbeseitigung unverhältnismäßig ist. Behauptet der AN, Ursache für die aufgetretenen Mangelsymptome sei allein das Unterlassen einer dem AG obliegenden Nachsandung, liegt darin zugleich die Behauptung, dass die Verwendung eines anderen als des verwendeten Kieses für die Mangelsymptome nicht ursächlich gewesen sei. Geht das Gericht auf diesen Vortrag nicht ein, liegt darin ein Verstoß gegen den Anspruch des AN auf rechtliches Gehör.

Praxishinweis:

Gemäß § 633 Abs. 1 BGB ist jede Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit ein Mangel, auch wenn sie sich in keiner Weise nachteilig auswirkt oder sogar wirtschaftlich oder technisch besser als die vereinbarte Ausführung ist. Dies ist jedoch für den Einwand des AN betreffend die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes nach § 635 Abs. 3 BGB beachtlich. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unverhältnismäßigkeit liegt jedoch auch nach der Abnahme beim AN.