VK Südbayern: Eignungsanforderung muss klar und deutlich formuliert sein.

11.09.2015

Die Antragsgegnerin beabsichtigte die Vergabe der Ausrüstung des Schöpfwerkneubaus mit einer Rechenreinigungsanlage und zugehörenden Rechen vor Siel- und zwei Pumpeneinläufen. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Wege eines Offenen Verfahrens nach den Bestimmungen der VOB/A. Als Zuschlagskriterium war der "niedrigste Preis" angegeben und es waren Nachweise in Bezug auf die Eignung der Bieter gefordert, insbesondere TÜV-Zertifikate mit Gültigkeitsdaten Dezember 1999 und 04.09.2015. Die Antragstellerin hatte zum Nachweis ihrer Eignung ein TÜV-Zertifikat über ein eingeführtes und angewendetes Qualitätsmanagementsystem für den Geltungsbereich Steinwasserbautechnik eingereicht, dass bis Dezember 1999 gültig war. Des Weiteren legte sie ein TÜV-Zertifikat über die Konformität der werkseigenen Produktionskontrolle nach DIN EN 1090-1 vor. Die Vergabestelle hielt diese Nachweise für unzureichend und forderte die Antragstellerin auf, ein gültiges Zertifikat über das eingeführte Qualitätsmanagementsystem vorzulegen, da dieses nicht mehr gültig sei. Das Zertifikat über die Konformität der werkseigenen Produktionskontrolle würde nur einen Teilbereich abdecken. Die Antragstellerin legte das Zertifikat der Konformität der werkseigenen Produktionskontrolle nochmals vor, ergänzt um den ausführlichen technischen Bericht über die durchgeführte Prüfung sowie einer Checkliste, aus denen die einzelnen Anforderungen dieses Qualitätssicherungssystems hervorgehen. Die Antragsgegnerin hielt die Nachweise weiterhin für unzureichend und schloss das Angebot aus. Die Antragstellerin reichte nach erfolgloser Rüge Nachprüfungsantrag ein und rügte in diesem Zusammenhang die unklaren Vorgaben der Vergabestelle in Bezug auf die Eignungsnachweise.

Die VK Südbayern gab dem Nachprüfungsantrag statt, da die Antragstellerin durch das Vorgehen der Antragsgegnerin in ihren Bieterrechten verletzt worden sei. Der begründete Ausschluss des Angebots der Antragstellerin sei vergaberechtswidrig. Die Vergabestelle kann grundsätzlich neben den Standardnachweisen über die Eignung eines Bewerbers oder Bieters gemäß § 6 EG Abs. 3 Nr. 3 VOB/A auch "andere, auf den konkreten Auftrag bezogene zusätzliche, insbesondere für die Prüfung der Fachkunde geeignete Angaben" verlangen. So kann der Auftraggeber gemäß § 6 EG Abs. 9 Nr. 2 Satz 1 VOB/A zum Nachweis dafür, dass der Bieter bestimmte Qualitätssicherungsnormen erfüllt, die Vorlage von Bescheinigungen unabhängiger Stellen verlangen. Dies hat die Antragsgegnerin in ihrer Bekanntmachung getan. Eine Legaldefinition, was "Nachweise" im vergaberechtlichen Sinne sind, enthält die VOB/A nicht. Welche Unterlagen neben Eigenerklärungen als Nachweise beizubringen sind, kann die Vergabestelle in der Bekanntmachung konkretisieren. Unterlässt sie dies, kann sie einen Bieter nicht mit der Begründung ausschließen, er habe seiner Nachweispflicht nicht genügt, weil er gemachte Angaben nicht durch die Vorlage entsprechender unternehmensbezogener Dokumente unterlegt hat (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 31.10.2012 - Az. VII-Verg 17/12).

Es dürften keine nachteiligen Konsequenzen aus der Tatsache gezogen werden, dass das TÜV-Zertifikat über ein eingeführtes und angewendetes Qualitätsmanagementsystem nur bis Dezember 1999 gültig war. Weder in der Bekanntmachung noch in der Angebotsaufforderung sei die Aktualität des Nachweises hinreichend konkretisiert worden. Die Vergabestelle hat nicht mehr verlangt, als den Nachweis eines "eingeführten" Qualitätsmanagementsystems. Die Antragstellerin konnte somit davon ausgehen, dass die von ihr eingereichten Nachweise ausreichend waren. Die Aufforderung der Vergabestelle, ein "gültiges" Zertifikat nachzureichen, stellt eine unzulässige Verschärfung der bekannt gemachten Eignungsnachweise. Auch das von der Bieterin vorgelegte Zertifikat über die Konformität der werkseigenen Produktionskontrolle genügt den unklaren Vorgaben. Wer als Auftraggeber den Nachweis in Bezug auf die Erfüllung bestimmter Qualitätssicherungsnormen gemäß § 6 EG Abs. 9 Nr. 2 VOB/A verlangt, muss auf konkrete Qualitäts-sicherungsverfahren Bezug nehmen, die den einschlägigen europäischen Normen genügen und von entsprechenden Stellen zertifiziert sind, die den europäischen Zertifizierungsnormen entsprechen. Es ist daher präzise zu bezeichnen, welches Qualitätssicherungsverfahren im Hause des Bieters durchgeführt sein muss und welche Stelle dieses Verfahren zu zertifizieren hat (z.B. ZertBau, TÜV, RAL-Güteausschuss etc.). Vorliegend haben die Antragsgegner in den Ausschreibungsunterlagen jedoch weder konkretisiert, welches Qualitätssicherungsverfahren im Einzelnen nachzuweisen ist noch haben sie die Stelle benannt, welche die Durchführung eines solchen zu zertifizieren hat.

Praxishinweis:

Die Klarstellung der Vergabekammer, dass Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten in den Ausschreibungsunterlagen zulasten der Vergabestellen gehen, entspricht der ständigen Rechtsprechung zu dieser Problematik. Öffentlichen Auftraggebern ist somit zu raten, die Anforderungen an den Nachweisen hinreichend zu konkretisieren, damit diese von allen Bietern in gleicher Weise verstanden werden.