LG Braunschweig: Keine Hinweispflicht des Architekten auf drohende Verjährung von Mängelansprüchen

31.08.2015

Die Klägerin, eine Wohnungseigentumsgemeinschaft, beauftragte den Beklagten, einen Architekten, mit den Leistungen der Leistungsphase 5-8 betreffend die Balkonsanierung an ihrem Mehrfamilienhaus. Die Arbeiten erfolgten durch verschiedene Unternehmen. Ein Malereibetrieb erstellte die Beschichtung und eine andere Firma die Entwässerung der Balkone. Die Arbeiten wurden in zwei Teilabschnitte ausgeführt. Die Abnahme des zweiten Teilabschnittes erfolgte am 12.08.2004. Aus dem Abnahmeprotokoll geht hervor, das die Verjährung am 11.08.2009 endet. Die Klägerin erhielt davon eine Abschrift.Ende 2006 zeigten sich Mängel in Form von Blasenbildung unter der Beschichtung der Balkone. Daraufhin beauftragte die Klägerin den Beklagten mit (strittigen) Leistungen im Rahmen der Gewährleistung betreffend dieses Mangels.Der Beklagte leitete daraufhin die Mängelanzeige der Klägerin an die ausführenden Unternehmen weiter. Beide ausführenden Unternehmen erklärten sich für unzuständig.In einem am 17.05.2010 erstellten Privatgutachten wurde ermittelt, dass entweder das Material oder die Verarbeitung ursächlich für die Blasenbildung sei.Anschließend rechnete der Beklagte über seine "Leistungen der Leistungsphase 9“ ab.Im Jahr 2011 beauftragte die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten, welcher den Beklagten dafür in Anspruch nahm, dass zwischenzeitlich gegenüber den ausführenden Unternehmen die Verjährung eingetreten war.Der Beklagte hätte die vertragliche Pflicht gehabt, auf die drohende Verjährung aufmerksam zu machen und ihr vor Ablauf der Verjährung anraten müssen, einen Rechtsanwalt aufzusuchen.

Dies sieht das LG anders. Im Rahmen des etwaigen Architekturvertrages hat keine Leistungspflicht dahingehend bestanden, dass der Bauherr über den Ablauf der Verjährung von Seiten des Architekten unterrichtet wird, da nach § 15 Abs. 2 HOAI (2002) das Leistungsbild der Leistungsphase 9 lediglich folgende Leistungen vorsieht: Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche gegenüber den bauausführenden Unternehmen, Überwachen der Beseitigung von Mängeln, die innerhalt der Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche, längstens jedoch bis zum Ablauf von fünf Jahren seit Abnahme der Bauleistungen auftreten, Mitwirken bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen, systematische Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts. Eine rechtliche Beratung des Bauherren im Hinblick darauf, wann die Verjährung im konkreten Fall abläuft bzw. ob diese gehemmt ist, wird auf Seiten des Architekten nicht verlangt, denn dieser schuldet nur die Leistung des technischen Sachverstandes. Wie bereits das Leistungsbild zeigt, soll der Architekt nicht einmal für seine Leistungen den konkreten Ablauf der Verjährungsfrist (bei ggf. bestehenden Hemmungen) berechnen können, denn seine Aufgabe ist auf Mängel, die sich innerhalb von fünf Jahren zeigen, beschränkt.Darüber hinaus bestände aus dem etwaigen Architekturvertrag auch keine Nebenpflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB dahingehend, die Interessen des Bauherren in der Form zu schützen, dass dem Beklagen eine Hinweispflicht oblegen hätte, dem Bauherren innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist anzuraten, einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen.

Praxishinweis:

Dem Urteil sollte noch keine grundsätzliche Bedeutung beigemessen werden. Der Architekt, dem die Leistungsphasen 8 und 9 übertragen sind, muss den Bauherrn grundsätzlich nicht über Einzelheiten der drohenden Verjährung möglicher Ansprüche gegen den Unternehmer belehren. Nach der bisherigen Rechtsprechung war es jedoch so, dass, wenn eine Verantwortlichkeit des Unternehmers nicht fernliegend war und eine Verjährung möglicher Ansprüche gegen diesen denkbar war, der Architekt den Bauherrn allerdings auf das Risiko einer Verjährung hinweisen musste. Gegebenenfalls musste er ihm auch die Einholung von Rechtsrat dringend empfehlen.