BVerwG: Geflügelmastanlage - Erforderlichkeit von Vorsorge gegen Bioaerosol-Belastung der Nachbarschaft muss neu geprüft werden

24.08.2015

Der Landkreis Oldenburg hat dem Kläger eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Hähnchenmastställen mit insgesamt 84 900 Plätzen erteilt. Aus Gründen der Vorsorge hat er dem Kläger aufgegeben, eine Abluftbehandlungsanlage einzubauen, um auf einem 250 m entfernt liegenden Wohngrundstück eine Bioaerosol-Zusatzbelastung zu verhindern.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die Genehmigung ohne die Anordnung zu erteilen. Es sei nicht geklärt, ob die Anlage überhaupt zu einer zusätzlichen Bioaerosol-Belastung des Wohngrundstücks führe. Unabhängig hiervon sei die Anordnung unverhältnismäßig. Abluftreinigungsanlagen entsprächen in der Geflügelhaltung noch nicht dem Stand der Technik. Der Beklagte habe auch nicht dargelegt, dass die Ställe mit der Abluftbehandlung wirtschaftlich betrieben werden könnten. Zudem sei der Verdacht, dass Bioaerosole aus gewerblichen Tierhaltungen die Gesundheit von Nachbarn gefährden könnten, mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Zwar beruht die Annahme, dass die Abluftbehandlung in der Geflügelhaltung noch nicht dem Stand der Technik entspricht, weil sie wirtschaftlich noch nicht allen Anlagenbetreibern unabhängig vom Standort ihrer Anlage zumutbar ist, auf Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts, an die der Senat gebunden ist. Wenn die Geflügelställe in der Nachbarschaft zu Wohnbebauung errichtet werden sollen, kann die Abluftbehandlung aber eine im Einzelfall erforderliche und wirtschaftlich zumutbare Vorsorgemaßnahme sein. Das kann nicht ausgeschlossen werden, ohne zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es auf den Wohngrundstücken anlagebedingt zu einer relevanten Zusatzbelastung durch Bioaerosole kommt.