OLG Köln: Voraussetzungen für die Darlegung der Anspruchshöhe bei Entschädigung wegen Bauzeitverzögerung

03.07.2015

Der AN wurde mit dem Los „Glasdach Atrium - Metallbau und Glasarbeiten“ im Rahmen eines ausgeschriebenen Bauprojektes beauftragt. Die Ausführung durch den AN sollte am 30.04.2010 beginnen und die Fertigstellung sollte am 21.10.2010 erfolgen. Aufgrund von Verzögerungen auf der Baustelle wurden der Beginn der Ausführungsarbeiten auf den 26.09.2011 und der neue Fertigstellungstermin auf den 26.10.2011 verschoben. Der AN erstellte ein Nachtragsangebot betreffend Bauzeitverlängerung über 235.000,00 €. Den Nachtrag begründete er damit, dass er für das Bauvorhaben des Auftraggebers (AG) seinen Geschäftsbetrieb vorgehalten habe und diesen nicht anderweitig nutzbringend hätte einsetzen können. Nachdem der AG die Zahlung der Nachtragssumme verweigert hatte, klagte der AN die Allgemeinen Geschäftskosten (AGK) in Höhe von 215.000,00 € sowie 20.000,00 € Bausteingemeinkosten (BGK) ein.

Sowohl nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichtes  als auch des Berufungsgerichtes konnte der AN die Voraussetzungen für einen Anspruch wegen Bauzeitverzögerung aus § 6 Abs. 6 VOB/B (2009) oder § 642 BGB nicht ausreichend darlegen. Für die Darlegung des „nachweislich entstandenen Schadens“ bzw. der „angemessenen Entschädigung“ – auch bei Großbaustellen – bedürfe es einer konkreten bauablaufbezogenen Darstellung (vgl. BGHZ 97, 163 ff.; OLG Köln BauR 2014, 1309). Dazu gehöre u. a. eine genaue Aufstellung darüber, welche Arbeitskräfte- und mittel (Maschinen o. ä.) entgegen einer konkreten Planung weder an dieser Baustelle der Beklagten noch auf anderen Baustellen oder sonst anderweitig eingesetzt werden konnten und welche sonstigen ganz bestimmten Nachteile und Verluste die Klägerin gerade wegen der jeweiligen Bauzeitverzögerung erlitten hat. Somit sei im Einzelnen darzulegen, wie der AN den Ablauf des gesamten Bauvorhabens bei der AG geplant hatte. Ebenso sei im Einzelnen darzulegen, wann es bei konkreten Personen oder Gruppen bzw. Baumaschinen- und geräten zu welchen Produktionsstillständen gekommen ist, die durch rechtzeitig geplante und vorgezogene anderweitige Maßnahmen und Aufträge nicht ausgeglichen werden konnten. Nur einer solchermaßen nachvollziehbaren Darlegung könne die AG dann wiederum konkret widersprechen und entgegentreten. Eine abstrakte Darstellung – wie der AN im vorliegenden Fall vorgenommen hatte – genügte diesen Anforderungen nicht.

Praxishinweis: Diese Entscheidung steht im Einklang mit der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung.  Ein Schadensersatzanspruch nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B erfordert einen konkreten Schadensnachweis. Auch der BGH hat klargestellt, dass "der Schaden im Einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt werden muss" (BGHZ 97, 163 ff. = BauR 1986, 347 ff) und "konkret zu berechnen ist" (aaO Rn 13; ähnlich OLG Dresden, BauR 2012, 1286); eine abstrakte Darstellung des Schadens reicht nicht aus (BGH, BauR 2002, 1249 ff; vgl. auch Eschenbruch/Fandrey, BauR 2011, 1223, 1226). An dieser konkreten Schadensberechnung, also dem "Vergleich der hypothetischen Vermögenssituation ohne Verzug mit der Leistung und der tatsächlichen Vermögenssituation infolge des Verzugs" (OLG Dresden, aaO), fehlt es oftmals. Die angestrebten Allgemeinen Geschäftskosten „sind lediglich abstrakte, kalkulatorische Zielsetzungen in Bezug auf die unternehmerische Gewinnermittlung und ohne jeden tatsächlichen und konkreten Bezug zum Projekt" (Eschenbruch/Fandrey, aaO). Es ließe sich jedoch hier hinterfragen, ob diese Anforderungen auch für den Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB erforderlich sind, denn das Gesetz sieht eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung gerade nicht vor. Die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches wegen Bauzeitverzögerung bleibt jedoch betreffend die Darlegung der Höhe weiterhin mit gewissen Risiken behaftet.