BVerwG: Beteiligung von Naturschutzverbänden bei Beeinträchtigungen von sog. FFH-Gebieten

12.06.2015

Der klagende Naturschutzverein begehrte die Feststellung, dass die beklagte Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, vor Durchführung militärischer Tiefflugübungen über dem Gebiet der Colbitz-Letzlinger Heide eine FFH-rechtliche Verträglichkeitsprüfung durchzuführen und ihn vor Abschluss dieser Prüfung, hilfsweise vor einer gegebenenfalls erforderlichen Abweichungsentscheidung zu beteiligen. Die Colbitz-Letzlinger Heide ist ein sog. FFH-Gebiet und beherbergt nach Angaben des Klägers während der Brutzeit zahlreiche Vogelarten, deren Bruterfolg durch die Tiefflüge gefährdet werde.

Auf die Revision des Klägers hatte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. April 2013 - BVerwG 4 C 3.12 - entschieden, dass die Bundeswehr im Rahmen ihrer Befugnis, von den luftverkehrsrechtlich vorgegebenen Mindestflughöhen abzuweichen, von den FFH-rechtlichen Verfahrensschritten gemäß § 34 BNatSchG nicht freigestellt ist, und dass anerkannte Naturschutzvereinigungen gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG vor einer gegebenenfalls erforderlichen Abweichungsentscheidung zu beteiligen sind (siehe Pressemitteilung 21/2013), und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (OVG) zurückverwiesen. Das OVG hatte daraufhin festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, eine förmliche FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen und den Kläger zu beteiligen, soweit diese Prüfung ergibt, dass die Tiefflüge zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets führen können. Ein Beteiligungsrecht schon im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung hatte es verneint.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die vorinstanzliche Entscheidung bestätigt. Das Beteiligungsrecht von Naturschutzvereinigungen nach § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG knüpft an das Ergebnis der vorangegangenen Verträglichkeitsprüfung an. Es greift erst, wenn aufgrund dieser Prüfung feststeht, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen eines FFH-Gebiets führen kann und deshalb ohne Abweichungsentscheidung unzulässig ist. Im Abweichungsverfahren können die Naturschutzvereinigungen ihren Sachverstand einbringen und auch etwaige Fehler der Verträglichkeitsprüfung geltend machen. Der Zweck der Verbandsbeteiligung wird dadurch nicht verfehlt, effektiver Rechtsschutz bleibt gewährleistet. Eine Beteiligung an der Verträglichkeitsprüfung ist auch nach Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention oder Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie nicht geboten.