OLG Hamm: Gescheiterte Bebauungsplanung - Stadt schuldet Investor keinen Schadensersatz

05.06.2015

Im April 2011 schlossen die Parteien einen Städtebaulichen Vertrag und Erschließungsvertrag nach den §§ 11, 124 Baugesetzbuch. Der Kläger übernahm die Planung und Herstellung von Erschließungsanlagen im Geltungsbereich des zur Aufstellung vorgesehenen Bebauungsplans für ein von ihm zu erwerbendes Grundstück im Stadtgebiet der Beklagten. Die Beklagte ihrerseits war am Erwerb eines im Stadtgebiet gelegenen Grundstücks des Klägers interessiert. Die Aufstellung des Bebauungsplans und die Veräußerung des klägerischen Grundstücks unterblieben in der Folgezeit, so dass der von den Parteien abgeschlossene Vertrag nicht mehr zur Durchführung gelangte.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe gegen die Amtspflicht zu konsequentem Verhalten und gegen das Koppelungsverbot verstoßen, weil sie die Einleitung der Bauleitplanung nachträglich vom Nachweis der Erwerbsmöglichkeit der Baugrundstücke durch ihn sowie von dem Verkauf seines Grundstücks an sie abhängig gemacht habe. Von der Beklagten hatte der Kläger deswegen ca. 50.000 Euro Schadensersatz verlangt.

Die Schadensersatzklage ist erfolglos geblieben. Der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm konnte nicht feststellen, dass die infrage stehenden Pflichtverletzungen der beklagten Stadt den Kläger geschädigt hatten.

Zwar sprächen Anhaltspunkte dafür, so der Senat, dass die Beklagte ihre Pflicht zum rechtmäßigen Verwaltungshandeln verletzt habe, indem ihr Bürgermeister die Fortsetzung der Bauleitplanung davon abhängig gemacht habe, dass die Beklagte das klägerische Grundstück einem - zuvor formnichtig abgeschlossenen “Handschlagvertrag“ entsprechend - formwirksam erwerben könne. Es verstoße gegen das Koppelungsverbot, wenn eine Stadt das Vorantreiben der Bauleitplanung von der Veräußerung eines anderweitigen Grundstücks abhängig mache. Die infrage stehende Pflichtverletzung könne der Senat letztlich dahinstehen lassen. Sie habe jedenfalls nicht zu dem vom Kläger geltend gemachten Schaden geführt. Er spreche keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Kläger bei pflichtgemäßem Handeln des Bürgermeisters keinen Schaden erlitten hätte. In diesem Fall sei zwar davon auszugehen, dass die Verwaltung der Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans mit einer Ratsvorlage weiter vorangetrieben hätte. Angesichts des umfassenden Entschließungsermessens des Rates bei der Bauleitplanung erscheine es allerdings offen, ob der Rat am Ende tatsächlich einen rechtsgültigen Bebauungsplan verabschiedet hätte. Darüber hinaus sei nicht gesichert, ob es bei der gebotenen Anhörung der Anwohner im Baugebiet keine relevanten Einwendungen gegen die Planung gegeben hätte. Im Übrigen sei auch nicht sichergestellt gewesen, dass der Kläger die infrage stehenden Bau-Grundstücke hätte erwerben können. Die vom Kläger erhoffte Bauleitplanung habe daher auch aus anderen, vom in Frage stehenden Verhalten des Bürgermeisters unabhängigen Gründen scheitern können.

Des Weiteren hafte die Beklagte auch nicht deswegen, weil sie berechtigtes Vertrauen des Klägers im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung vom April 2011 enttäuscht bzw. insofern ihre Amtspflicht zu konsequentem Verhalten verletzt habe. Dass die Beklagte vom Kläger den Nachweis seiner Erwerbsmöglichkeit der Baugrundstücke verlangt habe, sei spätestens zu Beginn des Jahres 2012 gerechtfertigt gewesen, als die Erwerbsverhandlungen des Klägers mit dem Grundstückseigentümer ins Stocken geraten seien.