VGH München: Zuwendungsrückforderung bei unzulässiger freihändiger Vergabe von Ingenieurleistungen

01.04.2015

Die Klägerin, eine Kreisstadt, beantragte für eine von ihr seit den 1960er Jahren betriebene Kläranlage im Jahr 2003 Zuwendungen für den Neubau der Biofiltrationsanlage. Mit vorläufigem Zuwendungsbescheid vom 05.12.2003 bewilligte das beklagte Wasserwirtschaftsamt der Stadt eine Zuweisung von 1.095.000,00 € als Festbetragsfinanzierung. Nach Vorlage des Verwendungsnachweises setzte das Amt mit Schlussbescheid von 04.03.2008 die Zuweisung endgültig in der genannten Höhe fest. In den Bestimmungen zum Zuwendungsbescheid heißt es unter anderem:

„Bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks, sind die Vergabegrundsätze anzuwenden, die das Staatsministerium des Inneren ... aufgrund des § 31 Abs. 2 KommHV bekannt gegeben hat. Weitergehende Bestimmungen, die den Zuwendungsempfänger zur Anwendung von Vergabevorschriften verpflichten (z.B. die §§ 98 ff. GWB) bleiben unberührt.“

Die Klägerin hat die Ingenieurleistungen für das beschriebene Projekt freihändig ohne vorherige Vergabebekanntmachung an ein Ingenieurbüro, welches bereits im Vorfeld mit der Instandsetzung der Kläranlage beauftragt war, vergeben. Daraufhin widerrief das beklagte Amt mit Bescheid vom 31.05.2010 den Schlussbescheid vom März 2008 und forderte eine Überzahlung in Höhe von 89.086,29 € zurück. Gegen diesen Bescheid wendet sich die Klägerin, jedoch ohne Erfolg.

Der Verwaltungsgerichtshof hält den Widerruf der Zuwendung für rechtmäßig, da die Einhaltung der gesetzlichen Vergabebestimmungen und somit auch die Einhaltung der Bestimmungen des § 3 VOF ausdrücklich eine mit dem Bewilligungsbescheid verbundene Auflage im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG darstellt. Nach Art. 49 Abs. 2a S. 1 Nr. 2 LVwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistungen oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigten diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Die Klägerin hat durch die freihändiger Vergabe der Ingenieurleistungen ohne vorherige Vergabebekanntmachungen gegen den Auflagenzuwendungsbescheid verstoßen, da die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes nach § 3 Abs. 4 VOF nicht vorgelegen haben. Bei der freihändigen Vergabe der Ingenieurleistungen habe es einen rechtfertigenden Zeitdruck nicht gegeben. Darin liegt nach Auffassung des Gerichtes ein schwerer Vergabeverstoß, der die Rückforderung von Zuwendungen im Sinne von Nr. 4.1 der Richtlinien zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergabeverstößen, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 23.11.2006, FMBl 2006, 228, rechtfertigt. Etwaige Ermessensfehler bei der Ausübung des Widerrufsermessens sind jedenfalls durch die ergänzenden Ermessenserwägungen des Beklagtenamtes Verwaltungsprozess geheilt worden. Eine Prüfung, ob ein Vergabeverstoß im Einzelfall zu einem Schaden des Zuwendungsgebers geführt hat, ließe sich nach Auffassung des Gerichts der Natur der Sache nach weder widerlegen noch verifizieren, so dass es auf einen Schadenseintritt nicht ankomme. Die Auflage zur Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften bezwecke gerade, der für den Widerruf zuständigen Behörde solche praktisch kaum durchführbare Nachforschungen zu ersparen.

Praxishinweis:

Die Entscheidung des VGH zeigt, dass im Zuwendungsbereich etwaige Nebenbestimmungen vom Zuwendungsempfänger unbedingt eingehalten werden sollten. Zuwendungen der öffentlichen Hand werden regelmäßig mit einer Verpflichtung des Zuwendungsempfängers zur Einhaltung der Vergabebestimmungen verbunden. Es ist nicht fernliegend, dass bei Vergabeverstößen die Rückforderung der Zuwendung droht. Die Wahl der falschen Vergabeart stellt grundsätzlich einen schweren Vergabeverstoß dar und rechtfertigt einen Widerruf der Zuwendung. Ergänzende Informationen zur Rückforderung von Zuwendungen finden Sie u. a. in dem Fachaufsatz "Zuwendungsrückforderung - ein reales Risiko?" von Herrn Rechtsanwalt Dr. Stapelfeldt in HSGZ 3/2013, 70-78.