VG Frankfurt: Baustopp für Hotelneubau neben der „Villa Hahn“ in Frankfurt-Sachsenhausen

30.03.2015

Bei der 1782 errichteten zweigeschossigen „Villa Hahn“ mit ausgebautem Dachgeschoss handelt es sich ausweislich der von dem Denkmalamt der Stadt Frankfurt am Main in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege herausgegebenen Denkmaltopographie für die Stadt Frankfurt um ein geschütztes Kulturdenkmal. Bei dem barocken Wohnhaus des 18. Jahrhunderts mit teilweise verschieferter Fassade unter steilem Mansarddach handelt es sich um einen klassischen Typ des Frankfurter Gartenhauses inmitten aufwendig angelegter Zier- und Nutzgärten, wie diese sich seit dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts herausgebildet hatten.

Diese vor den Toren der Stadt Frankfurt errichteten Häuser prägten mit ihren zugehörigen Gartenanlagen die Frankfurter Garten- und Wohnkultur im 18. Jahrhundert entscheidend. Die „Villa Hahn“ ist das einzige heute noch existierende Exemplar der ehemaligen Frankfurter Gartenhäuser. Bei dem Objekt stand die Funktion der Gartenanlage als Lustgarten mit Treppenanlage in Richtung heutiger Offenbacher Landstraße im Vordergrund, wofür heute noch existierende qualitätsvolle zeitgenössische Putten aus Sandstein auf Sockeln, Reste einer Balustrade und barocke Treppenstufen sprechen. Die zugehörige Gartenanlage ist sehr wahrscheinlich durch den Bebauungsdruck um die Zeit um 1900 verkleinert worden.

Der von Seiten der Antragstellerin beigezogene Sachverständige für Denkmalschutz, der frühere Landeskonservator i. R. Dr. Mohr, hat im Rahmen dieses Eilverfahrens ausgeführt, dass die Anlage „Villa Hahn“ daher raumgreifend sei und für das heutige Kulturdenkmal einen möglichst unversehrten Wirkungsabstand zu den naturräumlichen Gegebenheiten, die jetzt relativ offen seien, benötige. Dies beziehe sich einerseits auf die Aussicht aus der Mainebene auf den Mühlberg mit der „Villa Hahn“ und andererseits auf den Ausblick von dort auf die Mainebene und die alte Stadt Frankfurt, die zu älteren Zeiten von dem Domturm überragt wurde.

Die Bauaufsichtsbehörde der Stadt Frankfurt am Main hatte mit Zustimmung der unteren Denkmalschutzbehörde – aber ohne das gesetzlich vorgeschriebene Einverständnis der Denkmalfachbehörde Landesamt für Denkmalschutz – dem Betreiber des Hotels „Cult“ die denkmalschutzrechtliche Genehmigung einschließlich Baugenehmigung für den beabsichtigten Hotelanbau erteilt. Bei dem beabsichtigten Hotelanbau handelt es sich um ein Vorderhaus mit fünf Geschossen und ausgebautem Dachgeschoss an das vorhandene Hotel und dahinter versetzt in Richtung „Villa Hahn“ und von dieser etwa zehn Meter entfernt ein viergeschossiges Hinterhaus. Bedingt durch das Ansteigen des Baugrundstücks Richtung Straße Auf dem Mühlberg überragen das Vorder- und das Hinterhaus das vorhandene Hotelgebäude um jeweils 5,50m sowie das Niveau der Straße auf dem Mühlberg mit zwei Geschossen und erreichen höhenmäßig knapp die Mitte des Mansarddaches der Villa Hahn.

Das Gericht hat einen Baustopp verhängt, weil es durch dieses Hotelprojekt die nachbarschützenden Bestimmungen des Hessischen Denkmalschutzgesetzes als verletzt ansah. Danach dürften in der Umgebung eines unbeweglichen Kulturdenkmals keine Anlagen errichtet werden, wenn sich dies auf das Erscheinungsbild des Denkmals auswirke. Zudem stünden einer solchen Genehmigung Gründe des Gemeinwohls entgegen, wenn durch Veränderungen in der Umgebung eines Kulturdenkmals denkmalpflegerische Belange berührt würden und die Ausstrahlungskraft des Kulturdenkmals wesentlich von der Gestaltung seiner Umgebung abhängen würde. Dies sei bei der „Villa Hahn“ der Fall. Das architektonischen Konzepts und die topographischen Situation in der näheren Umgebung prägten gerade die Ausstrahlungskraft des Kulturdenkmals.

Einer der wesentlichen Gründe, von der Verletzung dieses denkmalschutzrechtlichen Abwehrrechts auszugehen, sei die Seltenheit und einmalige Lehrhaftigkeit der Anlage „Villa Hahn“ für das Geschichtsverständnis des 18. Jahrhunderts und ihre besondere Bedeutung als exemplarischer Beleg für eine Phase der Stadtentwicklung einer vergangenen Epoche.

Maßgeblich sei weiterhin, dass die „Villa Hahn“ aufgrund der topographischen Situation über Mainufer und heutiger Offenbacher Landstraße quasi „throne“ und dass dieses Kulturdenkmal einen möglichst unversehrten Wirkungsabstand zu den noch vorhandenen naturräumlichen Gegebenheiten benötige. Hierunter sei die Blickachse Richtung Dom und umgekehrt vom Main aus zu verstehen. Daher dürfe die „Villa Hahn“ durch den höhenmäßig knapp die Mitte ihres Mansarddaches erreichenden Hotelanbaus nicht „quasi eingemauert“ werden. Es sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die für den Typ des Frankfurter Gartenhauses typische zugehörige Gartenanlage durch den Bebauungsdruck um 1900 verkleinert wurde und entlang der Offenbacher Landstraße zahlreiche Trivialbauten wie das Hotel des Beigeladenen entstanden seien. Im Ergebnis bedeute dies, dass kein Gebäude errichtet werden dürfe, dass das Niveau der Straße Auf dem Mühlberg in dem hier maßgeblichen Bereich der „Villa Hahn“ überrage. In Bezug auf das beabsichtigte Hotelbauvorhaben sei festzustellen, dass dieses Niveau durch den Anbau deutlich überschritten werde. Die beiden obersten Geschosse von Vorder- und Hinterhaus stellten insoweit eine denkmalschutzrechtlich unzulässige Bebauung dar.