OLG Düsseldorf: Ein öffentlicher Auftraggeber darf eine als fehlerhaft erkannte Ausschreibung auch nach Submission korrigieren.

13.02.2015

Die Auftraggeberin schrieb das Bauvorhaben „Erweiterung und Instandsetzung eines Polizeipräsidiums“ europaweit im offenen Verfahren aus. Das Leistungsverzeichnis wurde auf Basis von Einheitspreisen erstellt. Der Angebotspreis errechnet sich aus dem Produkt vorgegebener Massenvordersätze und angebotener Einheitspreise. Zuschlagskriterium war hier der Preis. Nebenangebote waren nicht zugelassen. Im Rahmen des Vergabeverfahrens stellte der Auftraggeber vor Submission auf entsprechende Bieterfragen hin klar, dass die für den mittels Bohrpfählen herzustellenden Baugruppenverbau einzusetzenden Einheitspreise nach Sichtfläche kalkuliert werden sollten. Nach Submission war das Angebot der Antragstellerin mit einem geringfügigen Vorsprung vor dem der Beigeladenen das preisgünstigste. Sodann stellte die Auftraggeberin jedoch fest, dass die ausgeschriebenen Massenvordersätze des Verbaus entgegen ihrer Annahme auf der statischen Fläche beruhten. Die Auftraggeberin legte unter Zugrundelegung der Sichtflächen für sieben Leistungspositionen, die preislich rund 10 % des Gesamtangebotes ausmachten, neue und vor allem niedrigere Massenvordersätze fest. Alle Bieter erhielten die Möglichkeit, die dazu in den Angeboten angegebenen Einheitspreise unter Berücksichtigung der veränderten neu festgelegten Massen neu zu kalkulieren und anzubieten. Das Angebot der Antragstellerin fand sich nach der zweiten Submission hinter der Beigeladenen auf dem zweiten Platz wieder. Sie rügte, dass eine auf Einzelpositionen beschränkte zweite Angebotsrunde ein Verstoß gegen das Nachverhandlungsgebot darstelle und den Wettbewerb verzerre. Die Antragstellerin stellte nach Zurückweisung der Rügen durch die Antragsgegnerin einen Nachprüfungsantrag.

Das OLG hat den Nachprüfungsantrag mit der Begründungzurückgewiesen, dass eine teilweise Zurückversetzung des Verfahrens eine zulässige Teilaufhebung sei. Der Auftraggeber dürfe, bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, eine fehlerhafte Ausschreibung in jedem Verfahrensstadium korrigieren. Die Art und Weise der Korrektur unterliege seiner Gestaltungsfreiheit, bei deren Ausübung er die Vergabegrundsätze zu beachten habe. Vorliegend waren die Ausschreibungsbedingungen widersprüchlich und intransparent, so dass sie einer Korrektur bedurft hätten. Ein öffentlicher Auftraggeber, der vor Zuschlagserteilung einen erheblichen Fehler in den Vergabeunterlagen festgestellt habe, dürfe eine Fehlerkorrektur auch nach bereits erfolgter Submission vornehmen. Seine Gestaltungsfreiheit sei dabei an die vergaberechtlichen Gebote der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung gebunden. Eine Beschränkung der Neuverpreisung auf einige Teilpositionen des Leistungsverzeichnisses stehe einem fairen Wettbewerb dann nicht entgegen, wenn die Preisstruktur der Angebote im Übrigen nicht in relevanter Weise beeinflusst werde. Ob eine solche Einflussnahme vorliege, sei anhand des Einzelfalles zu entscheiden, vom Auftraggeber stets zu prüfen und im Streitfall vom Bieter darzulegen. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf ist hingegen die Entscheidung des OLG Dresden (IBM 2013,638), die Wirksamkeit der Teilkorrektur der Ausschreibung an eine prozentual ermittelte „Geringfügigkeitsschwelle“ in Höhe von 15 % der eingereichten Angebotssumme zu koppeln, kein sachgerechter Prüfmaßstab.

Praxishinweis:

Die Vertragsfreiheit gilt auch für einen öffentlichen Auftraggeber, sodass dieser nicht verpflichtet werden kann, trotz Kenntnis der fehlerhaften Ausschreibungen den Zuschlag zu erteilen. Die Teilneuverpreisung der zu korrigierenden Teile der Ausschreibung stellt somit eine Alternative neben der Verfahrensaufhebung oder der vollständigen Zurückversetzung des Verfahrens dar.