VG Sigmaringen: Urteil zu Luftreinhalteplan für Reutlingen - Land zur Änderung verurteilt.

12.01.2015

Der Kläger – ein Umweltverband – hatte das Land in einem Klageverfahren, zu dem die Stadt Reutlingen beigeladen wurde, auf diese Änderung in Anspruch genommen, weil die genannten Werte nach der Luftreinhalterichtlinie der Europäischen Union (2008/50/EG), dem Bundesimmissionsschutzgesetz und der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung seit geraumer Zeit verbindlich sind, in Reutlingen aber deutlich überschritten werden. Zur Einhaltung der o.g. Werte hatte das Regierungspräsidium Tübingen erstmals im Jahr 2005 einen Luftreinhalteplan erlassen, in dem u. a. der Bau des Scheibengipfeltunnels und der Dietwegtrasse sowie die Einrichtung einer Umweltzone genannt waren. Fortschreibungen des Luftreinhalteplans führten zu strengeren Regeln für das Einfahren von Fahrzeugen in die Umweltzone. Die demnächst wirksam werdende dritte Fortschreibung sieht u.a. die Ausweitung der Umweltzone auf das gesamte Stadtgebiet Reutlingens und auf die Stadt Eningen vor. Das beklagte Land vertrat die Auffassung, mit der dritten Fortschreibung seien seine Möglichkeiten derzeit ausgeschöpft. Demgegenüber machte der klagende Verband geltend, die ergriffenen Maßnahmen seien unzureichend. Bereits vor Fertigstellung des Scheibengipfeltunnels seien - insbesondere in der Lederstraße - weitere Maßnahmen notwendig, um den Grenzwerten näher zu kommen.

Das Gericht ist in seinem Urteil zu dem Ergebnis gelangt, dass das beklagte Land seinen Verpflichtungen aus § 47 Abs. 1 BImSchG mit den bestehenden Luftreinhalteplänen - auch mit der 3. Fortschreibung, die am 28.10.2014 in Kraft getreten ist - nicht nachgekommen ist. Aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 BImSchG und seiner Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht folge, dass die Erstellung eines Luftreinhalteplans erforderlich sei, der auf das Ziel der Einhaltung der Grenzwerte in möglichst kurzer Zeit ausgerichtet ist. Das Land sei zu einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen verpflichtet. Diese Fortschreibung müsse die noch aktuellen Maßnahmen aus den vorangegangenen Plänen darstellen, ein Gesamtkonzept der Maßnahmen und ihrer Auswirkungen, die für die Einhaltung der Grenzwerte erforderlich sind, umfassen, einen Zeitpunkt benennen, in dem die Grenzwerte prognostisch eingehalten werden und der auf die Zeit nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels ausgerichtet ist sowie für den Fall, dass die punktuelle Einhaltung der Grenzwerte mittelfristig rechtlich und tatsächlich nicht möglich ist, dafür eine ausführliche Begründung enthalten. Diese Anforderungen stünden einem Vorziehen einzelner Maßnahmen wie einem Lkw-Durchfahrtsverbot in der Eberhardstraße und der Karlstraße nicht entgegen. Vor der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels komme aber eine Verminderung der Leistungsfähigkeit der Lederstraße nicht in Betracht, weil die Verlagerung des Verkehrs weg von der Lederstraße schon vor der Eröffnung des Scheibengipfeltunnels dazu führen würde, dass sich der Verkehr in andere innerstädtische Straßen dränge und sich auch der Durchgangsverkehr durch Eningen merklich erhöhen würde. Das Gericht hat die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen.