Der Europäische Gerichtshof präzisiert die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid.

10.12.2014

Die Luftqualitätsrichtlinie legt die Grenzwerte für bestimmte Schadstoffe in der Luft fest. Die Grenzwerte für Stickstoffdioxid dürfen nach dem 1. Januar 2010 nicht mehr überschritten werden. Die Richtlinie sieht jedoch vor, dass ein Mitgliedstaat, wenn die Grenzwerte in einem Gebiet oder Ballungsraum mit besonders schwierigen Bedingungen trotz der Anwendung geeigneter Maßnahmen nicht bis zu diesem Datum eingehalten werden können, die Frist bis spätestens zum 1. Januar 2015 verlängern kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Mitgliedstaat entsprechend den Anforderungen der Richtlinie einen Luftqualitätsplan erstellt, der aufzeigt, wie die Einhaltung der Grenzwerte vor Ablauf der neuen Frist erreicht werden soll.

Im Vereinigten Königreich wurden im Jahr 2010 die Grenzwerte für Stickstoffdioxid in 40 der 43 für die Zwecke der Richtlinie bestimmten Gebiete überschritten. Im September 2011 legte das Vereinigte Königreich der Kommission Pläne sowie Anträge auf Fristverlängerung für 24 der 40 Gebiete vor, in Bezug auf die das Vereinigte Königreich der Ansicht war, dass die Grenzwerte bis zum 1. Januar 2015 eingehalten würden. Für die 16 Gebiete oder Ballungsräume (einschließlich „Greater London“), für die die Luftqualitätspläne die Einhaltung der Grenzwerte für den Zeitraum von 2015 bis 2025 vorsehen, stellte das Vereinigte Königreich keinen Antrag auf Fristverlängerung.

ClientEarth, eine Nichtregierungsorganisation im Bereich des Umweltschutzes, beantragte bei den nationalen Gerichten, der Regierung des Vereinigten Königreichs aufzugeben, diese Pläne so zu überarbeiten, dass sie aufzeigen, wie die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so bald wie möglich und spätestens bis zum 1. Januar 2015 erreicht wird.

Der mit der Rechtssache in letzter Instanz befasste Supreme Court of the United Kingdom (oberstes Gericht des Vereinigten Königreichs) fragt den Gerichtshof, ob ein Mitgliedstaat, wenn die Grenzwerte nicht bis zum 1. Januar 2010 eingehalten wurden, verpflichtet ist, um Verlängerung der Frist zu ersuchen. Er möchte auch wissen, ob sich die Erstellung eines Luftqualitätsplans darauf auswirkt, ob ein Mitgliedstaat der Richtlinie nachgekommen ist oder nicht, und, für den Fall, dass er dieser nicht nachgekommen ist, welche Rechtsbehelfe ein nationales Gericht bieten muss.

In diesem Zusammenhang hebt der Gerichtshof hervor, dass die Richtlinie in Bezug auf Stickstoffdioxid bestimmt, dass die Grenzwerte „nicht mehr überschritten werden [dürfen]“, was einer Ergebnisverpflichtung entspricht. Eine Verlängerung der ursprünglich festgelegten Frist ist nur dann möglich, wenn trotz der Anwendung geeigneter Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung akute Probleme hinsichtlich der Einhaltung bestehen.

Daher sind die Mitgliedstaaten, um die mit der Richtlinie festgelegte Frist um höchstens fünf Jahre verlängern zu können, verpflichtet, ein entsprechendes Ersuchen zu stellen, wenn sich angesichts der vorliegenden Daten und trotz der Anwendung geeigneter Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung objektiv zeigt, dass diese Grenzwerte in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum innerhalb der festgelegten Frist nicht eingehalten werden können. Die Richtlinie enthält keine Ausnahme von dieser Verpflichtung.

Der Gerichtshof weist sodann darauf hin, dass die Mitgliedstaaten im Fall einer Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid, für die die Frist für die Einhaltung bereits verstrichen ist, ohne dass ein Ersuchen auf Fristverlängerung gestellt wurde, auch verpflichtet sind, einen Luftqualitätsplan zu erstellen, der geeignete Maßnahmen enthält, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann. Die bloße Erstellung dieses Plans lässt jedoch nicht die Annahme zu, dass der fragliche Staat die ihm nach der Richtlinie obliegenden Verpflichtungen in vollem Umfang erfüllt hat.

Hat ein Mitgliedstaat die Grenzwerte nicht eingehalten und auch nicht um eine Fristverlängerung gemäß den vorgesehenen Bedingungen ersucht, obliegt es dem gegebenenfalls angerufenen zuständigen nationalen Gericht, gegenüber der nationalen Behörde jede erforderliche Maßnahme, wie eine Anordnung, zu erlassen, damit diese Behörde den nach der Richtlinie erforderlichen Plan gemäß den in der Richtlinie vorgesehenen Bedingungen erstellt, damit insbesondere der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten werden kann.