OVG Lüneburg: Unterschiedliche Behandlung von Bewerbern für „Kramermarkt“

27.10.2014

In die Teilnahmebedingungen für die Anbieter eines Volksfestes sind keineswegs zwingend alle Differenzierungen aufzunehmen, die „irgendwie“ zu einer Ablehnung der Bewerbung bestimmter Anbieterkreise führen können. Vielmehr sind dort nur diejenigen Beschränkungen des Teilnehmerkreises notwendig aufzuführen, die auf § 70 Abs. 2 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) zu stützen sind. Dagegen steht es grundsätzlich im Ermessen des Veranstalters, in welchem Umfang er auch das ihm nach § 70 Abs. 3 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) eingeräumte Auswahlermessen dadurch bindet, dass er vorab Kriterien für dessen Ausübung festschreibt.

Die Argumentation der Klägerin vermag keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu erwecken, dass die im vorliegenden Falle vorgenommene Differenzierung zwischen Achterbahnen dynamischer und gemäßigterer Fahrweise ihre Ermächtigungsgrundlage in § 70 Abs. 3 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) findet. Einzuräumen ist allerdings, dass die Abgrenzung zwischen den Anwendungsbereichen der Absätze 2 und 3 des § 70 GewO gerade mit Blick auf konzeptionelle Erwägungen bei Volksfesten Schwierigkeiten bereiten kann. Nicht alle konzeptionellen Erwägungen, derentwegen die Teilnahme an einem Volksfest einem nach abstrakten Kriterien bestimmten oder bestimmbaren Kreis von Anbietern versagt wird, stellen sich nämlich objektiv als Beschränkung der Veranstaltung auf bestimmte Anbietergruppen im Sinne des § 70 Abs. 2 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) dar. Insbesondere gehören hierher nicht diejenigen Fälle, in denen Bewerbungen eines Kreises von Anbietern lediglich deshalb abgelehnt werden, weil sie im Vergleich mit anderen gleichartigen Anbietern ein konzeptionelles Bevorzugungskriterium nicht erfüllen, ohne dass das Konzept der Veranstaltung den Anspruch erhebt, die Nichtteilnahme des abgelehnten Anbieterkreises sei schlechthin erforderlich. Denn in dieser Konstellation findet objektiv nur eine Auswahl unter gleichartigen Anbietern statt, die zugunsten der (relativ) geeigneteren unter ihnen ausfällt. Eine (absolute) Beschränkung der Veranstaltung auf bestimmte Anbietergruppen erfolgt nicht. Als Prüfstein zur Beantwortung der Frage, ob eine Auswahl oder eine Beschränkung vorliegt, kann dabei die weitere Frage genommen werden, ob der Veranstalter die abgelehnten Bewerbungen des in Rede stehenden Anbieterkreises auch dann generell zurückgewiesen hätte, wenn sich kein Anbieter gefunden hätte, der das Kriterium erfüllte, an dem sie gescheitert sind. Kann diese weitere Frage nämlich eindeutig verneint werden, ist regelmäßig keine Beschränkung des Anbieterkreises im Sinne des § 70 Abs. 2 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) gegeben, sondern lediglich eine Betätigung des Ausschlussermessens nach § 70 Abs. 3 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz

So liege der Fall auch hier. Denn im letzten Absatz auf der zweiten Seite des Vergabevermerks der Beklagten vom 20. Februar 2013 (in Beiakte A) heißt es ausdrücklich „Nachdem im letzten Jahr eine Wilde Maus platziert wurde, besteht Einvernehmen, diese nur zu berücksichtigen, wenn keine geeignete alternative Fahrweise für den Oldenburger Markt zur Verfügung steht.“ Schon deshalb lag also keine Beschränkung des Anbieterkreises im Sinne des § 70 Abs. 2 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) vor, die es zwingend erfordert hätte, sie in die Teilnahmebedingungen aufzunehmen.

Auch das Argument der Klägerin, die Beklagte habe die erforderliche Transparenz des Auswahlverfahrens vermissen lassen, greife nicht durch.

Zwar gehört es nach der Rechtsprechung des OVG zu einer fairen Gestaltung des Vergabeverfahrens, dass behördliche Vergaberichtlinien transparent sind und den Bewerbern so rechtzeitig bekannt gegeben werden, dass sie sich darauf einstellen können. Dies bedeutet aber nicht, dass solche Vergaberichtlinien in jeder Hinsicht erschöpfende Auskunft über alle Faktoren geben müssten, die für den Erfolg oder Misserfolg einer Bewerbung maßgeblich werden können.

Das Verwaltungsgericht hat die umstrittene Festlegung einer Bevorzugung von Achterbahnen der gemäßigteren Fahrweise vor diesem Hintergrund zu Recht als Teil eines Gesamt- und Platzkonzeptes eingeordnet. Das OVG hat schon in seinem Urteil vom 15. Januar 1998 – 7 L 3983/96 – entschieden, dass es sachlich gerechtfertigt ist, einen Anbieter – unabhängig davon, ob „Platzmangel“ herrscht – bereits dann von der Veranstaltung auszuschließen, wenn sein Geschäft nicht in die Gesamt- oder Platzkonzeption des Festes passt. Denn dem Veranstalter komme ein – in der Natur der Sache liegendes – Ermessen zu, das gewünschte Gesamtbild der Veranstaltung festzulegen. Bewerber, deren Verkaufsgeschäfte die hiernach festgelegten Kriterien nicht erfüllten, dürften daher von vornherein – unabhängig von der Attraktivität ihres Angebotes – aus dem Kreis der zuzulassenden Anbieter ausgeschieden werden. Anderenfalls könnten Anbieter durch einen mit der Gesamtkonzeption des Volksfestes nicht in Einklang stehenden Raumanspruch die Zielsetzungen des Veranstalters gefährden. Daran hält das OVG auch für Fahrgeschäfte fest.