BVerwG: Die Festsetzung einer Fläche als „Laubmischwald“ findet in § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB keine Rechtsgrundlage.

08.10.2014

„[…] § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB ermöglicht die Festsetzung von „Wald“. Eine Befugnis zur „Konkretisierung“ dieses Begriffs, die es rechtfertigen könnte, ihn einzuengen und die Festsetzung auf Unterkategorien wie „Laubmischwald“ zu begrenzen, räumt die Vorschrift dem Planungsträger entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht ein. Hierzu bedürfte es schon im Hinblick auf die damit verbundene Beschränkung von Nutzungsrechten der Grundeigentümer hinreichend bestimmter gesetzlicher Differenzierungen, wie sie etwa in Nr. 11 oder Nr. 15 der Regelung enthalten sind. § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB enthält solche Differenzierungen nicht. Sie ergeben sich auch nicht aus anderen Vorschriften. Eine Regelung wie § 201 BauGB, in der zur begrifflichen Klärung Unterarten der Landwirtschaft genannt sind und aus der teilweise die Befugnis zur Bildung entsprechender städtebaulich bedeutsamer und mithin im Bebauungsplan festsetzbarer Untergruppen abgeleitet wird, existiert für die Nutzungsart „Wald“ im Baugesetzbuch nicht. Soweit den Vorschriften der §§ 1 und 11 ff. BWaldG in Verbindung mit landesrechtlichen Regelungen (hier: insbesondere §§ 10 bis 12 BayWaldG) unterschiedliche Zweckbestimmungen des Waldes als Nutz-, Schutz- oder Erholungswald zu entnehmen sind, die, wie Nr. 12.2 der Anlage zur Planzeichenverordnung zeigt, Gegenstand bauplanerischer Festsetzungen sein können, lassen sich hieraus jedenfalls keine Befugnisse zur Festsetzung bestimmter Baumarten ableiten.

Ein anderes Ergebnis widerspräche im Übrigen dem vom Verwaltungsgerichtshof zutreffend hervorgehobenen systematischen Zusammenhang von § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB mit Nr. 25 dieser Vorschrift, wonach u.a. für einzelne Flächen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen das Anpflanzen von Bäumen und Bindungen für Bepflanzungen festgesetzt werden können. Die Ausnahmeregelung zugunsten der Land- und Forstwirtschaft liefe leer, wenn der nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB nicht regelbare Waldaufbau über Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB gesteuert werden könnte. Dass, wie die Antragsgegnerin meint, der Festsetzung eines „Laubmischwaldes“ ein vom Regelungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB noch nicht erfasster Generalisierungs- und (Un-) Verbindlichkeitsgrad zukommt, vermag der Senat insbesondere vor dem Hintergrund der in den konkretisierenden textlichen Festsetzungen enthaltenen zwingenden qualitativen und quantitativen Vorgaben für den zu erreichenden Laubholzanteil (D.4.) nicht zu erkennen.

Für eine in der Literatur vertretene Eingrenzung der in § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB enthaltenen Ausnahme mit dem Ziel, solche Bepflanzungsvorgaben zuzulassen, die nicht dem „Normalfall“ der Regulierung der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung der festgesetzten Flächen dienen, sondern mit denen - etwa durch Festsetzungen mit Schutz-, Pflege- und Entwicklungszielen für Natur und Landschaft - bestimmte städtebauliche Gründe verfolgt werden, sieht der Senat keinen Raum. Abgesehen davon, dass Bepflanzungsvorgaben wie alle Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB stets nur aus städtebaulichen Gründen zulässig sind, widerspräche eine solche Reduktion der Ausnahmeregelung dem erklärten Willen des Gesetzgebers: Mit seinem Gesetz gewordenen Änderungsvorschlag zum (jetzigen) § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB hat der zuständige Bundestagsausschuss (BTDrucks 7/4793 S. 28) zum Ausdruck gebracht, dass städtebauliche Gründe zur Anordnung von Bepflanzungsvorgaben auf Flächen, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzt sind und damit der Förderung der Land- und Forstwirtschaft dienen sollen (vgl. zu diesem Erfordernis bereits Urteil vom 14. Juli 1972 - BVerwG 4 C 8.70 - BVerwGE 40, 258 <262 f.>), entgegen der Stellungnahme des Bundesrates (BTDrucks 7/2496 S. 70) zur Regierungsvorlage (BT-Drucks. 7/2496 S. 40; vgl. auch S. 84) generell nicht bestehen; für Waldflächen hat er insoweit Regelungsmöglichkeiten nach dem Waldgesetz als ausreichend angesehen.[…]“