VG Neustadt: Schrottsammler darf weiterhin Schrott sammeln

16.07.2014

Der Kläger führt seit 2011 einen Ein-Mann-Betrieb zur Sammlung von Schrott und Altmetall mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße. Dabei holt er mit seinem Fahrzeug diesen Abfall auf Bestellung ab, führt daneben aber auch im näheren Umkreis - auch im Gebiet der beklagten Stadt Frankenthal - Straßensammlungen durch.

Nach Inkrafttreten neuer gesetzlicher Vorschriften zeigte der Kläger im August 2012 bei der Beklagten die Sammlung von Metall und Schrott ab Juni 2012 in deren Stadtgebiet schriftlich an. Die von ihm gesammelten Abfälle bezifferte er dabei mit ca. 3 bis 7 Tonnen im Monat, die von ihm an Schrottgroßhändler zur Verwertung übergeben würden.

Im Dezember 2012 untersagte die Beklagte dem Kläger die Durchführung der von ihm angezeigten gewerblichen Sammlung von Schrott und Metall aus privaten Haushaltungen mittels Straßensammlung und sonstiger Sammlung in Frankenthal. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der gewerblichen Sammlung von Altmetallen durch den Kläger stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Durch die Sammlung des Klägers werde die Funktionsfähigkeit ihres als Eigenbetrieb geführten Entsorgungs- und Wirtschaftsbetriebs Frankenthal gefährdet. Dieser führe bereits seit Jahren eine haushaltsnahe und effiziente Erfassung von Schrott und Metall durch. Die Einsammlung von Metallschrott aller Art sei eine Einnahmequelle. Gewinne, die aus der kommunalen Wertstofferfassung durch gewerbliche Sammlungen abgeschöpft würden, gingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und damit indirekt den Gebührenzahlern verloren, so dass auch die Gebührenstabilität gefährdet sei.

Nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren hat der Kläger im August 2013 mit der Begründung Klage erhoben, er werde durch die Untersagungsverfügung unzulässig in seiner europarechtlich geschützten  Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit eingeschränkt. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liege nicht bereits dann vor, wenn von Privaten dieselben Abfälle gesammelt würden. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung könne nur dann angenommen werden, wenn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht nur geringe Mengen Abfall entzogen würden. Da er - der Kläger - als kleingewerbetreibender Einzelunternehmer monatlich nur ca. 5 Tonnen Schrott und Metall sammele, sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Beklagte hier von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Entsorgungs- und Wirtschaftsbetriebs Frankenthal ausgehe.

Die 4. Kammer des VG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung führten die Richter aus: Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig. Nach den einschlägigen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes dürfe die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten gewerblichen Sammlung nur untersagen, wenn überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstünden. Dies habe die Beklagte nicht ausreichend dargetan.

Die gesetzlichen Überlassungspflichten im Abfallrecht stellten Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit dar. Diese seien grundsätzlich zwar europarechtlich gerechtfertigt. Allerdings müssten die einschlägigen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zur Untersagung einer gewerblichen Abfallsammlung  europarechtskonform ausgelegt werden. Danach sei die Untersagung einer gewerblichen Abfallsammlung  nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn seitens des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eine hochwertige Erfassung oder Verwertung der betreffenden Abfallart erfolge; vielmehr müsse auch in diesem Fall eine wesentliche Beeinträchtigung seiner Tätigkeit vorliegen. Dies könne nur auf der Grundlage konkreter Zahlen und Fakten beurteilt werden. Die für den Erlass einer Untersagungsverfügung zuständige Behörde trage insoweit die Darlegungslast. Die Behörde müsse auch dartun, dass durch die gewerbliche Sammlung eine wesentliche Erhöhung der Abfallgebühren drohe und warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Betracht komme. Diesen gesetzlichen Anforderungen werde die Untersagungsverfügung der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte habe weder die Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Vorschriften hinreichend dargelegt noch sich in gebotener Weise damit auseinandergesetzt, ob an Stelle des Verbots der gewerblichen Sammlungen nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Betracht komme.