VGH Mannheim: Das Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit in einer Friedhofssatzung ist unwirksam

23.06.2014

Die Antragsteller hatten geltend gemacht, es fehle es an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für das Verbot der Verwendung von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit. Zudem seien die Anforderungen an die Nachweispflicht nicht ausreichend klar formuliert. Es sei ihnen nicht möglich, die Wertschöpfungskette der verwendeten Steine darzustellen. Die Stadt Kehl (Antragsgegnerin) hatte erwidert, § 15 Absatz 3 des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg (BestattG) sei eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Das Verbot sei für Steinmetze zumutbar, auch wenn derzeit kein einziges Siegel für faire Grabsteine existiere, das als vertrauenswürdig anerkannt werden könnte.

Die streitige Regelung hatte folgenden Wortlaut:

„In Friedhofsordnungen und Polizeiverordnungen kann festgelegt werden, dass nur Grabsteine und Grabeinfassungen verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Konvention 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt sind. Die Anforderungen an den Nachweis nach Satz 1 sind in den Friedhofsordnungen und Polizeiverordnungen festzulegen.“

Der VGH führt zur Begründung seines Urteils aus, das Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit sei mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar. Es belaste Steinmetze unzumutbar. Denn es sei für sie nicht hinreichend erkennbar, welche Nachweismöglichkeiten bestünden und als ausreichend gälten. Verlässliche Möglichkeiten für den Nachweis, dass Grabsteine ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt seien, seien - wie bereits das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 16. Oktober 2013 zur Friedhofssatzung der Stadt Nürnberg festgestellt habe - nicht vorhanden. Es fehle eine allgemeine Auffassung, welche der vorhandenen Zertifikate für faire Steine als vertrauenswürdig gelten könnten. Es gebe keine Anerkennung solcher Zertifikate durch eine zuständige staatliche Stelle. Die Satzung regele auch nicht ausdrücklich unter Benennung der Zertifikate, welche als Nachweis ausreichten. Da die angegriffene Satzungsvorschrift bereits aus diesen Gründen unwirksam sei, könne offen bleiben, ob ihre gesetzliche Ermächtigung in § 15 Absatz 3 BestattG verfassungsgemäß sei.