VG Frankfurt: Grundsteuerbescheid kann nicht wegen Verstoß gegen § 93 HGO beklagt werden.

17.06.2014

Dem Gericht lagen sechs Klagen verschiedener Kläger vor, mit denen diese sich gegen Grundsteuerbescheide betreffend die Erhebung der Grundsteuer B für das Jahr 2012 wehrten. Der Hebesatz für die Berechnung der Grundsteuer war zuvor von der beklagten Stadt von 240% auf 345% angehoben worden. Die Kläger führten im Wesentlichen aus, dass die Erhebung der Grundsteuer B im Jahr 2012 rechtwidrig sei, weil sie gegen § 93 der Hessischen Gemeindeordnung verstoße. In dieser Vorschrift wird festgelegt, dass die Gemeinden Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften erheben (Abs. 1), um ihren Finanzierungsbedarf für die ihnen obliegenden Aufgaben zu decken.

In § 93 Abs. 2 der Hessischen Gemeindeordnung wird bestimmt, dass die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Erträge und Einzahlungen

1. soweit vertretbar und geboten aus Entgelten für Ihre Leistungen,

2. im Übrigen aus Steuern

zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Erträge und Einzahlungen nicht ausreichen.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Kommune nicht eine Erhöhung der Grundsteuer festlegen dürfe, wenn sie nicht andere Einnahmequellen vorrangig nutze; so verfüge die Stadt Bad Homburg weder über eine Straßenausbaubeitragssatzung, die es ihr ermögliche, Ausbaubeiträge einzuziehen, noch erhebe die Kommune Kindergartengebühren.

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil festgestellt, dass sich der einzelne Bürger auf die Vorschrift des § 93 Hessische Gemeindeordnung nicht unmittelbar berufen kann, weil dieser Regelung kein drittschützender Charakter beigemessen werden kann. Deswegen musste auf die Frage, ob zunächst vor der Anhebung der Grundsteuer B auf andere Entgelte für die von der Kommune angebotenen Leistungen zurückgegriffen werden muss, an dieser Stelle nicht eingegangen werden.

Soweit die Gemeinde einerseits keine Straßenausbaubeitragssatzung erlassen hat und darüber hinaus auch auf die Erhebung von Kindergartengebühren verzichtet und andererseits zur Deckung ihres Finanzbedarfs nunmehr auf die Erhöhung der Grundsteuer B abstellt, so mag dies ein Vorgehen sein, dass unter Umständen rechtlich überprüft und beanstandet werden könnte. Dies könnte unter Umständen durch Maßnahmen der Kommunalaufsicht erfolgen. Der einzelne steuerpflichtige Bürger jedenfalls kann keinen Rechtsanspruch aus § 93 der Hessischen Gemeindeordnung dergestalt ableiten, dass die Gemeinde ihren Finanzbedarf zunächst aus Entgelten für Ihre Leistungen abdecken muss und erst im Übrigen auf Steuern zurückgreifen darf. Deshalb waren die Klagen abzuweisen.

Ergänzender Hinweis:

Im Rahmen eines Eilverfahrens hat das Verwaltungsgericht Gießen mit Beschlüssen vom 16.06.2014 (8 L 861/14) mehreren Grundstückseigentümern Recht gegeben, welche sich gegen die Grundsteuerbescheide der Stadt Bad Nauheim für 2014 gewandt hatten. Die Stadt Bad Nauheim hatte mit Wirkung ab 2014 die Grundsteuer B, welche für bebaute oder bebaubare Grundstücke erhoben wird, erhöht. Die Höhe der jeweils für ein Grundstück zu erhebenden Grundsteuer bemisst sich nach einem Hebesatz, der von den Gemeinden bestimmt wird. Diesen Hebesatz hatte die Stadt Bad Nauheim im November 2013 mit Wirkung ab 01.01.2014 von 340 % auf 560 % angehoben. Im Eilverfahren wollten die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer jeweils gegen die Grundsteuerbescheide eingelegten Widersprüche erreichen.

Dem hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen mit seinen Beschlüssen vom 16.06.2014 – 8 L 861/14.GI u.a. – insoweit entsprochen, als die Stadt Bad Nauheim bei der Bemessung der Grundsteuer B jeweils von einem höheren Hebesatz als 340 % ausgegangen ist.
Zur Begründung führt das Gericht aus, die Erhöhung des Hebesatzes sei willkürlich. Die Gemeinden dürften nämlich auf Steuerquellen nur zurückgreifen, soweit die sonstigen Einnahmen nicht zur Deckung des Haushalts ausreichten. Hiergegen habe die Stadt Bad Nauheim schon deshalb verstoßen, weil sie nicht über eine Straßenbeitragssatzung verfüge. Dies habe die Kommunalaufsicht im April 2014 in ihrer Verfügung, mit der der Haushalt der Stadt Bad Nauheim abgelehnt worden sei, auch entsprechend gerügt.

Die Beschlüsse sind noch nicht rechtskräftig; die Stadt Bad Nauheim hat zwischenzeitlich Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt.