EuGH: Entscheidung zu den Voraussetzungen eines horizontalen In-House-Geschäfts im Vergaberecht

26.05.2014

In dem Rechtsstreit, über den das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, streiten die Datenlotsen Informationssysteme GmbH auf der einen Seite und die Technische Universität Hamburg Harburg sowie die Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) auf der anderen Seite über die Rechtmäßigkeit der Vergabe eines Auftrags durch die Universität an HIS zwecks Beschaffung eines von HIS entwickelten IT-Hochschul-Managementsystems. Dieser Auftrag war HIS unmittelbar ohne Einleitung der von der Richtlinie 2004/18 vorgesehenen öffentlichen Vergabeverfahren erteilt worden.

Der EuGH hat die Vorlagefrage dahingehend beantwortet, dass die Richtlinie 2004/18 [...] über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge dahin auszulegen ist, dass ein Vertrag über die Lieferung von Waren, der zwischen einer Universität, die ein öffentlicher Auftraggeber ist und die im Bereich der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen der Aufsicht eines deutschen Bundeslands unterliegt, und einem privatrechtlichen Unternehmen, das sich in der Hand des Bundes und der Bundesländer, darunter des genannten Bundeslands, befindet, geschlossen worden ist, einen öffentlichen Auftrag im Sinne dieser Richtlinie darstellt und somit den Vorschriften dieser Richtlinie über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterliegt.

Nach Auffassung des EuGH liegt, da unstreitig kein Kontrollverhältnis zwischen der Universität als öffentlichem Auftraggeber und der beauftragten Gesellschaft HIS besteht (die Universität ist nämlich nicht an dem Kapital von HIS beteiligt und hat keinen Vertreter in deren Aufsichtsrat), kein "In-House"-Geschäft im Sinne der bisherigen Rechtsprechung vor. Die Stadt Hamburg sei offenbar nicht in der Lage, über die Universität eine "Kontrolle wie über eigene Dienststellen" auszuüben. Die von der Stadt Hamburg über die Universität ausgeübte Kontrolle beziehe sich nämlich nur auf einen Teil von deren Tätigkeiten, und zwar allein auf den Beschaffungsbereich, nicht aber auf die Bereiche Lehre und Forschung, in denen die Universität über eine weitgehende Autonomie verfüge. Unter diesen Umständen brauche nicht geprüft zu werden, ob die Ausnahme für die "In-House"-Vergabe auf sog. "horizontale In-House"-Geschäfte angewendet werden könne, d.h. auf Fälle, in denen derselbe oder dieselben öffentlichen Auftraggeber eine "Kontrolle wie über eigene Dienststellen" über zwei verschiedene Wirtschaftsteilnehmer ausüben, von der eine einen Auftrag an den anderen vergebe.