EuGH: Selbst im Verhandlungsverfahren darf nicht über verbindliche Vorgaben des Auftraggebers verhandelt werden.

05.02.2014

In dem vom EuGH entschiedenen Fall schrieb der öffentliche Auftraggeber die Planung und den Bau eines Straßenabschnitts aus. In den Vergabeunterlagen war festgelegt, dass die Trennstreifen des Straßenabschnitts teils eine Breite von 13,5 m und teils eine Breite von 6 m haben mussten. Nebenangebote hierzu waren nicht zugelassen. Bis auf einen Bieter hielten alle anderen Bieter die vorgegebene Breite des Trennstreifens ein. Der „abweichende“ Bieter bot für den gesamten Straßenabschnitt eine Breite von 6 m an. Trotzdem schloss der öffentliche Auftraggeber das Konsortium nicht aus, sondern forderte die weiteren Bieter auf, ein überarbeitetes Angebot einzureichen und dabei ebenfalls nur eine Breite von 6 m vorzusehen. Hierüber kam es zum Rechtsstreit. Das national zuständige Gericht legte dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor, ob ein öffentlicher Auftraggeber in einem Verhandlungsverfahren mit den Bietern auch Verhandlungen über solche Angebote führen darf, die nicht den verbindlichen Anforderungen der Leistungsbeschreibung entsprechen.

Hierzu führte der EuGH in seiner Entscheidung nunmehr aus, dass öffentliche Auftraggeber zwar im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens einen gewissen Verhandlungsspielraum besitzen, gleichwohl aber dafür Sorge zu tragen haben, dass die Anforderungen des Auftrages, die als verbindlich eingestuft wurden, erfüllt werden. Anderenfalls werde gegen das Transparenzgebot verstoßen. Wenn Angebote zu Verhandlungen zugelassen würden, obwohl sie zwingende Voraussetzungen nicht erfüllen, wäre – so der EuGH - die Festlegung derartiger Voraussetzungen in der Ausschreibung sinnlos und es sei dann den Auftraggebern nicht möglich, mit sämtlichen Bietern auf einer gemeinsamen Grundlage zu verhandeln und dem Gleichbehandlungsgebot zu genügen.

Für die vergaberechtliche Praxis bedeutet dies, dass auch Angebote in Verhandlungsverfahren daraufhin zu untersuchen sind, ob sie allen Anforderungen der Ausschreibung entsprechen, da anderenfalls über derartige Angebote nicht verhandelt werden darf. Der Auftraggeber muss vor diesem Hintergrund zudem bei der Erstellung der Vergabeunterlagen und insbesondere der Leistungsbeschreibung prüfen, welche Anforderungen er als verbindlich und welche Anforderungen er als verhandelbar ansieht. Dies sollte sich auch eindeutig aus den Vergabeunterlagen ergeben.