OVG Koblenz: Begünstigtes Ratsmitglied ist von Mitwirkung an Verschonungsregelung in Satzung über wiederkehrende Ausbaubeiträge ausgeschlossen.

17.01.2014

Der Gemeinderat der beklagten Ortsgemeinde Winden beschloss im Jahr 2009 eine Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau öffentlicher Straßen. Bei der Umstellung von einmaligen Ausbaubeiträgen auf wiederkehrende Beiträge können die Gemeinden nach dem Kommunalabgabengesetz den Umfang einer früheren Belastung durch einen einmaligen Beitrag berücksichtigen. Die Satzung der Beklagten enthält eine solche Verschonungsregelung, wonach Grundstücke, die Zugang zu bestimmten Straßen haben, erst in späteren Jahren bei der Ermittlung des wiederkehrenden Beitrags berücksichtigt und beitragspflichtig werden. An der Beschlussfassung des Gemeinderats nahm auch eine Person teil, die Eigentümer von zwei Grundstücken ist, die von der Verschonungsregelung erfasst sind. Gegen einen Bescheid der Beklagten zur Berechnung wiederkehrender Ausbaubeiträge erhob der hiervon Betroffene Klage, der das Verwaltungsgericht stattgab. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung der Ortsgemeinde Winden zurück.

Der Bescheid sei rechtswidrig, weil die Ausbaubeitragssatzung der Beklagten, auf die er sich stütze, unwirksam sei. Denn an dem Satzungsbeschluss habe der Eigentümer eines Grundstücks mitgewirkt, der nach der Gemeindeordnung hiervon ausgeschlossen gewesen sei. Er hätte durch die in der Satzung enthaltene Verschonungsregelung nämlich einen unmittelbaren Vorteil, weil das Grundstück aufgrund dieser Regelung für vier Jahre von der Beitragspflicht befreit wäre. Damit sei zugleich ein unmittelbares persönliches bzw. wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung gegeben. Die Ausnahme von diesem Mitwirkungsverbot, wonach es nicht gilt, wenn das Ratsmitglied lediglich als Angehöriger einer Berufsgruppe oder eines Bevölkerungsteils, deren gemeinsame Belange berührt werden, betroffen ist, liege nicht vor. Zwar stellten die Grundstückseigentümer in einer verschonten Straße einen Bevölkerungsteil dar, den das gemeinsame Interesse verbinde, von der Beitragspflicht für einen möglichst langen Zeitraum befreit zu sein. Nach dem Zweck des Mitwirkungsverbots sei aber bei der Auslegung der Ausnahmebestimmung darauf abzustellen, ob die möglichen Sonderinteressen für die Haltung des Ratsmitglieds bestimmenden Einfluss gewinnen könnten. Ein Ratsmitglied könne daher auch als Teil einer Gruppe mit gemeinsamen Belangen an seiner Mitwirkung gehindert sein, insbesondere dann, wenn – wie hier – eine offensichtlich unmittelbar begünstigte Gruppe vergleichsweise klein sei. Gerade in der vorliegenden Situation, in der sich die Frage stelle, welche Grundstücke über mehrere Jahre von der Beitragspflicht ausgenommen werden, könne der Anschein erweckt werden, das Ratsmitglied, das von einer solchen Verschonungsregelung profitieren würde, könnte bei seiner Entscheidung auch von persönlichen Interessen an einem Vorteil geleitet werden. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit, zunächst eine Ausbausatzung zu verabschieden, an der grundsätzlich alle Ratsmitglieder mitwirken könnten, und eine Verschonungsregelung einer gesonderten Satzung vorzubehalten, an der die Ratsmitglieder mit Grundstücken in den verschonten Straßen nicht mitwirken dürften.