VG Wiesbaden: Eilantrag betreffend Bürgerbegehren Kindertagesstätte Kloderwand in Rauenthal erfolglos.

13.12.2013

Die Stadt Eltville hatte am 17.12.2012 beschlossen, im Stadtteil Rauenthal 20 Krippenplätze zu schaffen und war in der Folge in konkrete Verhandlungen mit dem Bistum und der Kirchengemeinde eingetreten, um u.a. den Neubau einer Kindertagesstätte in Regie des Bistums und der Kirchengemeinde an der Kloderwand zu verwirklichen. Die Stadtverordnetenversammlung beschloss sodann am 25.03.2013 als Tagesordnungspunkt 1die Aufstellung eines Bebauungsplans "Kindertagesstätte an der Kloderwand" in Rauenthal.

Am 17.05.2013 reichte die Antragstellerin gemeinsam mit zwei weiteren Vertrauenspersonen ein Initiativbürgerbegehren mit 1.719 Unterstützungs-Unterschriften bei der Stadt Eltville ein. Der Text des Bürgerbegehrens lautet:

"Sind Sie dafür, dass der Beschluss der Stadtverordnetensammlung der Stadt Eltville vom 25. März 2013 aufgehoben wird, der vorsieht, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zum Neubau einer Kindertagesstätte an der Kloderwand in Rauenthal aufzustellen?"

Begründet wurde das Begehren mit dem hohen Defizit der Stadt Eltville, das unbedingt abgebaut werden müsse. In diesem Zusammenhang sei der beabsichtigte Neubau einer Kindertagesstätte in Rauenthal nicht sinnvoll und trage zur weiteren Verschuldung der Antragsgegnerin bei.

Das Gericht stellte in seiner Entscheidung fest, dass das Bürgerbegehren zwar insgesamt zulässig und auch fristgerecht eingereicht worden sei, aber die gesetzlichen Anforderungen an ein Bürgerbegehren nach § 8b Abs. 3 Satz 2 Hessische Gemeindeordnung nicht erfülle. Vorliegend werde die gesamte Darstellung des geplanten Neubaus derart einseitig und indifferent in ein falsches Licht gerückt, dass bei unvoreingenommenen Bürgern automatisch eine ablehnende Haltung gegenüber dem Vorhaben entstehen müsse.

So rückten die in der Begründung des Bürgerbegehrens zusammenhängend dargestellten Aspekte der Bezuschussung des Neubaus der Kindertagesstätte durch die Stadt Eltville - trotz Inanspruchnahme des kommunalen Schutzschirms des Landes Hessen - auf der einen Seite, und erhebliche, bisher nicht einkalkulierte, Kosten für den Straßenausbau der Kloderwand auf der anderen Seite das Vorhaben in ein falsches Licht. Es entstehe der Eindruck, dass die Straße „Kloderwand“ wegen des Neubaus der Kindertagesstätte zwingend ausgebaut werden müsse und die Kosten dafür von der Stadt Eltville zu übernehmen seien. Abgesehen davon, dass ein solcher Straßenausbau in absehbarer Zeit gar nicht vorgesehen sei, wären im Falle eines Ausbaus die Erschließungskosten zum überwiegenden Teil den Eigentümern aufzuerlegen, deren Grundstücke durch die Straße erschlossen werden, und der zu übernehmende Anteil der Stadt Eltville würde lediglich 25% betragen.

Zudem entstehe durch die Formulierung des Begründungstextes der Eindruck, als würde die Stadt Eltville ihren kommunalen Verpflichtungen nicht nachkommen, obwohl sie seit dem 01.08.2013 verpflichtet sei, für jedes Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ein bedarfsgerechtes Angebot in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege vorzuhalten. Die alternative Möglichkeit der Kindesbetreuung in Form von privat tätig werdenden Tagesmüttern und Fahrtkostenregelungen stelle für die Stadt Eltville aber wohl keine günstigere Lösung dar. Damit sei die Darstellung der Begründung des Bürgerbegehrens zur Täuschung der Unterzeichner geeignet. Auch im Zusammenhang mit einer alternativen Sanierung der bestehenden Kindertagesstätte würden die finanziellen Aspekte des Bürgerbegehrens verfälscht dargestellt. Selbst bei einer baulichen Erweiterung der bestehenden Kindertagesstätte stünden letztlich weniger Betreuungsplätze zur Verfügung, als derzeit vorhanden seien. Auch die von verschiedenen Institutionen für den Neubau einer Kindertagesstätte an der Kloderwand in Aussicht gestellten finanziellen Beteiligungen stünden zudem nur in deutlich geringerer Höhe für eine solche Sanierung zur Verfügung. Demgegenüber erwecke der Begründungstext den Eindruck, dass die Stadt Eltville hier sehenden Auges eine deutlich günstigere Alternative außer Acht lasse.

Infolge der Finanzkrise und hoher Haushaltsdefizite seien die Bürger einer Gemeinde besonders sensibilisiert für finanzielle Themen. Wenn in einer solchen Zeit das Verhalten einer Gemeinde derart dargestellt werde, dass diese trotz Überschuldung und Inanspruchnahme eines kommunalen Rettungsschirms des Landes Hessen ein städtebauliches Vorhaben großzügig bezuschusse und darüber hinaus womöglich die Tragweite und weitergehende finanziellen Auswirkungen desselben unterschätze, so führe dies unweigerlich dazu, dass sich die Bürger der betroffenen Gemeinde als potentiell Leidtragende gegen ein solches Vorhaben wenden. Diese irreführende Darstellung werde durch das Flugblatt "KiTa-Neubau Rauenthal - und wer soll das bezahlen?" weiter bekräftigt.

Schließlich fehle in dem Bürgerbegehren ein ausreichender Kostendeckungsvorschlag. Gemäß § 8b Abs. 3 Satz 2 HGO müsse ein Bürgerbegehren einen nach den gesetzlichen Bestimmungen erfüllbaren und durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten für die verlangte Maßnahme enthalten, der auf einer verlässlichen Schätzung beruht. Dies erfordere eine konkrete Schätzung der entstehenden Kosten und die Angabe, wie die Mittel zur Deckung der Kosten aufgebracht werden sollen.

Soweit der Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens sich allein auf die für dieses Projekt veranschlagten Mittel zur Finanzierung beschränke, äußerte das Gericht erhebliche Zweifel. Die für das konkrete Projekt des Neubaus einer Kindertagesstätte an der Kloderwand vorgesehenen Mittel stünden nämlich überhaupt nicht zur Verfügung, wenn der Neubau letztlich nicht realisiert werden würde. Dies gelte nicht nur für den Zuschuss der Stadt Eltville, sondern vor allem für die staatliche Förderung in Höhe von 180.000,- Euro sowie den vom Bistum Limburg übernommenen Kostenanteil in Höhe von 900.000,- Euro. Darüber hinaus sei durch die Kirchengemeinde bereits ein erheblicher Betrag in Planungs- und Vorbereitungsmaßnahmen für das Vorhaben investiert worden. Sollte das Projekt aus Sicht der Kirchengemeinde wider Erwarten doch nicht realisiert werden, könnte die Gefahr bestehen, dass diese das vergebens investierte Geld mit großer Wahrscheinlichkeit zurückverlange. Da eine Sanierung der alten Kindertagesstätte außerdem keine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen schaffen würde, wäre die Stadt Eltville überdies Rechtsansprüchen auf die Schaffung solcher Betreuungsplätze für sogenannte U 3-Kinder ausgesetzt. Stelle man diese finanziellen Konsequenzen für die Gemeinde im Falle einer Nichtaufstellung des Bebauungsplanes dem Text des Bürgerbegehrens gegenüber, so bleibe völlig unklar, ob eingesparte Aufwendungen des Neubaus für finanzielle Rechtsansprüche Dritter überhaupt zur Verfügung stünden.