OVG Lüneburg: Neuvergabe kommunaler Strom- und Gaskonzessionsverträge durch kreisangehörige Städte und Gemeinden wurde zu Recht durch Kommunalaufsicht gestoppt

07.10.2013

Die Räte der beiden genannten sowie weiterer Kommunen aus dem Kreis Leer beschlossen nach einem Auswahlverfahren, die Ende des Jahres 2012 ausgelaufenen Strom- und Gaskonzessionen an die von ihnen gegründete Netzgesellschaft Südliches Ostfriesland mbH (NSO) neu zu vergeben. Nach dem Konzept der NSO sollen ein noch nicht feststehender strategischer Partner sowie ggf. zusätzlich ein technischer Betreiber eingebunden werden. Der Landkreis Leer als Kommunalaufsichtsbehörde beanstandete diese Ratsbeschlüsse u. a. der Gemeinden Bunde und Ostrhauderfehn. Er sieht neben kommunalrechtlichen Vorschriften auch energie- und kartellrechtliche Gesetze als verletzt an. Die Gemeinden hätten die Auswahl in einem intransparenten und diskriminierenden Verfahren getroffen; zudem könne das Vorhaben die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinden übersteigen und die Sicherung der Energieversorgung gefährden.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg teilte diese Ansicht des Landkreises nicht und stellte deshalb auf die Anträge u. a. der beiden genannten Gemeinden die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen diese sofort vollziehbaren Beanstandungen wieder her. Es entnahm der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes einen weiten, hier nicht überschrittenen Entscheidungsspielraum bei der Entscheidung der Gemeinden, die Energienetze künftig in der Verantwortung einer kommunalen Netzgesellschaft unter Einbindung privater Dritter zu betreiben.

Auf die Beschwerde des Landkreises Leer hat der 10. Senat des OVG Lüneburg diese Beschlüsse geändert und die Anträge der beiden Gemeinden abgelehnt. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gilt nur im Rahmen der Gesetze. Dazu gehört nach § 46 Abs. 3 Satz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) die Verpflichtung, bei der Auswahlentscheidung über die Neuvergabe der Konzession die Ziele des § 1 EnWG zu berücksichtigen, also eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Energieversorgung zu gewährleisten. Ob eine Gemeinde daneben auch andere Ziele einschließlich der Gewinnerzielung verfolgen darf, ist sehr umstritten, brauchte aber nicht geklärt zu werden. Denn solche ungeschriebenen Ziele dürfen jedenfalls nicht vorrangig verfolgt werden. Einen solchen Mangel hat der Senat hier aber bei der Auswahlentscheidung zu Gunsten der NSO bejaht. Zudem hat es beanstandet, dass sich die NSO im Auswahlzeitpunkt noch zu sehr im Gründungsstadium befunden hat. Daher konnte weder verlässlich ihre Leistungsfähigkeit beurteilt werden noch war der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindehaushalts- und Kassenverordnung für die beteiligten Kommunen erforderliche Wirtschaftlichkeitsvergleich möglich.