BGH: Merkantiler Minderwert darf durch Gericht geschätzt werden - Ermittlung des vollen Schadenumfangs ist nicht erforderlich.

18.04.2013

Die Klägerin ließ durch die Streithelferin der Beklagten zwei baugleiche Mehrfamilienhäuser errichten. Nach der Fertigstellung dieser Häuser traten allerdings vielfältige Risse im Innen- und Außenputz auf, welche zwischenzeitlich behoben wurden. Die Klägerin verlangt nun die Kosten für die Mängelbeseitigung zusammen mit dem entstandenen Mietausfall. Außerdem will sie den verbleibenden merkantilen Minderwert erstattet bekommen.

Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten zusammen mit dem entstandenen Mietausfall bejaht. Allerdings hat er den Anspruch auf Ersatz eines merkantilen Minderwertes mit der Begründung verneint, dass ein Minderwert nicht zu ermitteln sei. Es gäbe keine genauen Vergleichswerte mit ähnlichen Objekten aus denen man eine Wertminderung ableiten könne. Auch die Sachverständigengutachten bzw. Befragungen ergäben keine genauen Schätzwerte und würden lediglich anhand des Bauchgefühls festgemacht werden.

Die Klägerin legte Revision zum BGH ein, um ihren Antrag auf Zahlung des merkantilen Minderwertes weiter zu verfolgen.

Da die Bemessung der Höhe des Schadensersatzes gemäß § 287 ZPO Sache des Tatrichters ist, überprüfte der BGH lediglich, ob bei der Entscheidung des Berufungsgerichts Rechtsfehler bezüglich der Bemessung der Schadenshöhe vorlagen. Das bejahte der BGH mit der Begründung, dass das Berufungsgericht zu hohe Anforderungen an die Ermittlung des Mindestschaden gemäß § 287 Abs. 1 ZPO gestellt habe. Entscheidend sei dabei lediglich, ob überhaupt ausreichende Grundlagen zur Schätzung vorliegen. Es sei nicht bedeutend, ob der Schaden in vollem Umfang zu ermitteln sei oder lediglich ein gewisser (Mindest-) Schaden festzustellen sei. Der Zweck des § 287 ZPO liege nämlich genau darin zu vermeiden, dass der Geschädigte völlig leer ausgeht, obwohl die Ersatzpflicht für einen Schaden erheblichen Ausmaßes feststeht. Lediglich, wenn eine Schätzung nicht möglich ist, trifft die Beweislast weiterhin den Kläger.