OVG Münster: Zwang zum Anschluss an Druckentwässerungsanlage rechtmäßig

05.04.2013

Hintergrund

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die der Kläger für die Reparatur der von ihm auf seinem Grundstück betriebenen Entwässerungseinrichtung aufbringen musste. Der Kläger meint, die beklagte Gemeinde sei verpflichtet die Kosten zu übernehmen. Die hierauf gerichtete Leistungsklage wies das Verwaltungsgericht in erster Instanz ab. Der daraufhin gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung war zwar zulässig, hatte in der Sache aber keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Kläger machte ernste Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils geltend, weil er die satzungsrechtlichen Vorschriften der Beklagten, nach denen bei einem Anschluss des Grundstücks an eine Druckentwässerungsanlage die Herstellung, das Betreiben und die Wartung einer für die Entwässerung ausreichend bemessenen Druckpumpe sowie der dazugehörigen Druckleitung ihm als Grundstückseigentümer obliegt (vgl. § 12 Abs. 1 bis 4 der Entwässerungssatzung der Beklagten vom 30. März 2007 - EWS -), für gleichheitswidrig hält. Denn durch diese Verpflichtungen werde er im Ergebnis wesentlichen höheren Belastungen ausgesetzt als die Grundstückseigentümer, deren Grundstücke zur Entwässerung an einen Freispiegelkanal angeschlossen seien.

Das OVG folgt dieser Ansicht nicht. Der gerügte Gleichheitsverstoß liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Selbst wenn man annimmt, dass die mit einem Anschluss an eine Druckentwässerungsanlage verbundenen Kosten spürbar höher sind als diejenigen, die mit einem Anschluss an einen Freispiegelkanal einhergehen, wird – so das OVG - durch den Zwang zum Anschluss an die Druckentwässerungsanlage sowie deren Benutzung und die daraus für den Anschlussnehmer resultierenden Kosten der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG hier nicht verletzt. Die vom Kläger behauptete Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte durch Satzungsrecht wäre nämlich gerechtfertigt. Es steht im weiten Ermessen des Satzungsgebers, welche technischen Lösungen er in der fraglichen Entwässerungssatzung zur Grundstücksentwässerung vorsieht. Sodann steht es im Planungsermessen der Gemeinde, für welche Entwässerungslösung sie sich im konkreten Fall entscheidet. Lässt sie sich hierbei - wie offensichtlich vorliegend - von der Erwägung leiten, auch in zentrumsfernen Gebieten Grundstücke wirtschaftlich vertretbar an die öffentliche Kanalisation anschließen zu können, um so eine höhere Anschlussdichte und ein höheres Maß an Sicherheit bei der Schmutzwasserbeseitigung zu erlangen, ist hiergegen rechtlich nichts zu erinnern.

Ein Verstoß sowohl gegen Art. 3 Abs. 1 GG als auch gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird in derartigen Fällen erst anzunehmen sein, wenn sich die (finanzielle) Zusatzbelastung der Grundstückseigentümer im Falle des Anschlusses an ein Druckentwässerungsnetz als unzumutbar erwiese. Dies ist nach der Rechtsprechung des OVG regelmäßig nicht der Fall (vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Juli 2006 - 15 A 2089/04 -, NWVBl. 2007, 151).

Dass vorliegend ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hätte, ist vom Kläger nach Auffassung des Gerichts nicht belastbar vorgetragen worden. So ist nicht erkennbar, dass die vom Kläger unterhaltene Anlage tatsächlich der ständigen Überwachung bedürfte. Aber selbst wenn dies so wäre, dürfte sich dies für den Kläger jedenfalls nicht als unzumutbar, also als schlechthin untragbar erweisen. Wenn der Kläger darüber hinaus in diesem Zusammenhang geltend macht, er müsse seine Pumpe auch für das Rückpumpen fremden - aus dem öffentlichen Kanal austretenden - Abwassers einsetzten, bleibt dieses Vorbringen substanzlos. Auch im Übrigen ist für eine Unzumutbarkeit des bestehenden Anschlusses an das von der Beklagten betriebene Druckentwässerungsnetz nichts ersichtlich. Dies gilt namentlich in finanzieller Hinsicht. Denn Eigentümern von an eine Druckentwässerungsanlage angeschlossenen Grundstücken gewährt die Beklagte gemäß § 10a der Beitrags- und Gebührensatzung zu ihrer Entwässerungssatzung wegen der erhöhten Betriebs- und Wartungskosten einer solchen Anlage auf Antrag in einem bestimmten Umfang einen Ausgleich.

Das gilt auch, soweit der Kläger mit Blick auf den von ihm in Bezug genommenen Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zusätzlich rügt, dass in dem angegriffenen Urteil die Aussagen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in dessen Urteil vom 14. Juli 2011 übersehen würden, wonach Stromkosten nicht den Anschlussnehmern auferlegt werden dürften. Ungeachtet der Bedeutung dieses Vorbringens für den vom Kläger im vorliegenden Rechtsstreit verfolgten Anspruch hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese Aussage so auch nicht getroffen. Er hat vielmehr differenzierend Folgendes ausgeführt: "Die Kosten für den Pumpenbetrieb können ... dann dem Anschlussnehmer auferlegt werden, wenn der betreffende Teil des Grundstücksanschlusses aus der öffentlichen Einrichtung ausgegliedert ist. Gehört die Pumpe hingegen ... zur gemeindlichen Entwässerungsanlage, so können die anfallenden Stromkosten nur zusammen mit den übrigen Aufwendungen für den laufenden Betrieb der gemeindlichen Einrichtung über Gebühren abgerechnet und damit der Gesamtheit der Anschlussnehmer aufgebürdet werden" (BayVGH, Urteil vom 14. Juli 2011 - 4 N 10.2660 -, juris Rn. 37). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht also ebenso wie das OVG Münster davon aus, dass den Anschlussnehmern die Unterhaltungskosten für eine Druckpumpe und die dazugehörige Druckleitung dann auferlegt werden können, wenn diese technischen Einrichtungen nicht Bestandteile der gemeindlichen Abwasseranlage sind. So lag es gemäß § 2 Nrn. 6b, 7b und 9 Satz 2 EWS auch hier.