VG Wiesbaden: Antrag auf vorläufige Zulassung zur OB-Wahl abgelehnt

25.01.2013

Sachverhalt

Am 14.08.2012 hatte eine Mitgliederversammlung des Kreisverbandes der Piratenpartei Deutschlands stattgefunden, bei der der Antragsteller mit Stimmenmehrheit als Bewerber für die Oberbürgermeisterwahl der Landeshauptstadt Wiesbaden gewählt wurde. Der Wahlvorschlag der Piratenpartei mit dem Antragsteller als Bewerber wurde am 30.10.2012 bei der Wahlleiterin eingereicht. Der Wahlvorschlag war von der Vertrauensperson und der stellvertretenden Vertrauensperson, die in dieser Funktion ebenfalls durch die Mitgliederversammlung am 14.08.2012 benannt worden waren, unterzeichnet.

Die gesetzlich vorgeschriebene Vorprüfung des Wahlvorschlags ergab keine Mängel, was der Vertrauensperson auch mitgeteilt wurde. Am 28.12.2012 tagte der Wahlausschuss, um über die Zulassung der eingereichten Wahlvorschläge zu beschließen. Die Sitzung, zu der auch die Vertrauensperson eingeladen worden war, begann um 10:00 Uhr. Unmittelbar vor Beginn der Sitzung, um 9:45 Uhr, übergab die stellvertretende Vertrauensperson der Wahlleiterin eine gemeinsame schriftliche Erklärung der Vertrauensperson und der stellvertretenden Vertrauensperson der Piratenpartei mit dem Inhalt, dass der Wahlvorschlag zur Oberbürgermeisterwahl 2013 zurückgenommen werde. Die Erklärung war von beiden Vertrauenspersonen im Original unterschrieben. Der Wahlausschuss entschied in seiner Sitzung am 28.12.2012 aufgrund der Rücknahmeerklärung nicht mehr über den Wahlvorschlag der Piratenpartei. Fünf andere, ordnungsgemäß eingereichte Wahlvorschläge wurden zugelassen und am 07.01.2013 öffentlich bekannt gemacht.

Entscheidung

Der am 07.01.2013 beim Verwaltungsgericht eingereichte Eilantrag des Antragstellers hatte keinen Erfolg.

Soweit der Antragsteller vorträgt, die eigenmächtige Rücknahme des Wahlvorschlags durch die beiden Vertrauenspersonen der Piratenpartei verstoße gegen die Prinzipien der innerparteilichen Demokratie, handelt es sich nach Auffassung des Gerichts nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, die vor den Verwaltungsgerichten zu klären ist. Streitigkeiten zwischen Mitgliedern bzw. Kandidaten und den jeweiligen Organen der Partei stellten zivilrechtliche Streitigkeiten dar.

Soweit der Antragsteller von der Landeshauptstadt Wiesbaden die vorläufige Zulassung zur Oberbürgermeisterwahl begehre, gehe diese Forderung ins Leere und der Antrag sei insoweit unzulässig. Denn die Entscheidung über die Zulassung eines Wahlvorschlages obliege allein dem Wahlausschuss und könne insofern durch die Landeshauptstadt Wiesbaden nicht beeinflusst werden. Der Wahlausschuss sei ein unabhängiges Wahlorgan nach dem Kommunalwahlgesetz, demgegenüber weder die Landeshauptstadt Wiesbaden noch die Wahlleiterin ein Weisungsrecht besitze.

Der Eilantrag ist nach Auffassung des Gerichts auch dann nicht zulässig, wenn das Gericht ihn dahingehend umdeutet, dass er sich gegen den Wahlausschuss richtet. Als mögliche Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen der Wahlleiter und der Wahlausschüsse sehe das Kommunalwahlgesetz während des Wahlverfahrens nur den Einspruch gemäß § 15 Abs. 3 KWG vor. Eine gerichtliche Kontrolle schließe sich daran allerdings nicht an, d.h. mit der Entscheidung des Wahlausschusses über den Einspruch sei dieser Einspruch erledigt. Der verfassungsmäßig gebotene Rechtsschutz sei in diesen Fällen nur nachträglich im Wege der Wahlanfechtung zu gewähren. Andernfalls wäre der reibungslose Ablauf einer Kommunalwahl nicht mehr gewährleistet, da eine verwaltungsgerichtliche Rechtskontrolle der zahlreichen Einzelentscheidungen der Wahlorgane während des Wahlverfahrens die termingerechte Einhaltung des feststehenden Wahltermins gefährden könne. Eine durch einstweiligen Rechtsschutz begehrte Wahlzulassung wäre ohne eine Verschiebung des Wahltermins und der gesetzlichen Fristen nicht mehr durchzusetzen, was ebenfalls gegen die Zulässigkeit des Antrags spreche.

Abgesehen davon sei für das Gericht nicht ersichtlich, dass das passive Wahlrecht des Antragstellers durch eine Handlung oder Entscheidung der Gemeindewahlleiterin oder durch eine Handlung oder Entscheidung des Wahlausschusses verletzt worden sei. Es fehle an einem entsprechenden Wahlvorschlag, über den der Wahlausschuss hätte entscheiden können. Der eingereichte Wahlvorschlag der Piratenpartei sei vor Beginn der Sitzung des Wahlausschusses formwirksam zurückgenommen worden. Nach § 13 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz könne ein Wahlvorschlag durch gemeinsame schriftliche Erklärung der Vertrauensperson und der stellvertretenden Vertrauensperson zurückgenommen werden, solange über seine Zulassung nicht entschieden sei. Vorliegend sei die Rücknahmeerklärung vom 28.12.2012 vor Beginn der Sitzung des Wahlausschusses bei der Gemeindewahlleiterin eingegangen. Sie sei von den Vertrauenspersonen persönlich unterzeichnet worden und daher formgültig und rechtswirksam. Die Möglichkeit zur ersatzlosen Rücknahme eines Wahlvorschlages stehe den Vertrauenspersonen durch gemeinsame schriftliche Erklärung zu. Den Vertrauenspersonen sei eine derartige Rücknahme auch ohne einen entsprechenden Auftrag einer Mitgliederversammlung der Partei, die den Wahlvorschlag trage, möglich. Unabhängig von der organisationsinternen Befugnis zu einer solchen Rücknahme sei diese gegenüber der Wahlleiterin auf jeden Fall wirksam zurückgezogen. Es habe für die Gemeindewahlleiterin auch keine Veranlassung bestanden, an der ordnungsgemäßen Legitimation der Vertrauenspersonen zu zweifeln. Ob die beiden Unterzeichner parteiintern legitimiert waren, die Rücknahme zu erklären, sei weder durch den Wahlleiter noch durch den Wahlausschuss zu prüfen. Das Gesetz sehe eine derartige Prüfungsbefugnis oder gar eine Prüfungspflicht nicht vor. Über das Schicksal von Wahlvorschlägen, die von Parteien eingereicht werden, entschieden nach den gesetzlichen Regelungen allein die Vertrauenspersonen, was sich aus den Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes, §§ 13 Abs. 2 KWG und insbesondere § 11 Abs. 3 KWG, ergebe.

Gegen diesen Beschluss ist Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel möglich.