OVG Schleswig: Der Gebietserhaltungsanspruch ist mangels Anordnungsgrundes nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung durchsetzbar

23.01.2013

Im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes steht grundsätzlich jedem Nachbar der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz der "Gebietserhaltung" zu. Anspruch auf Gebietserhaltung bedeutet, dass jeder Grundstückseigentümer, dessen Grundstück in den Anwendungsbereich eines Bebauungsplanes fällt, verlangen kann, dass alle anderen von dem Bebauungsplan betroffenen Grundstückseigentümer sich ebenfalls an die Festsetzungen des Bebauungsplanes halten. Verstößt das Bauvorhaben eines Grundstückseigentümers gegen die Art der Festsetzungen des Bebauungsplanes, kann jeder andere Grundstückseigentümer – also nicht nur der unmittelbar betroffene Nachbar – gegen das Vorhaben vorgehen. Gleiches gilt im unbeplanten Innenbereich im Sinne von § 34 BauGB, sofern das „Gebiet“ eindeutig einem der Baugebietstypen der BauNVO zugeordnet werden kann.

Ein solcher Gebietserhaltungsanspruch sei – so das Gericht - mangels Anordnungsgrundes nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung durchsetzbar. Zweck des Gebietserhaltungsanspruchs sei es, die Verhinderung einer „schleichenden Umwandlung“ eines Baugebiets auch unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen zu ermöglichen (BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - NVwZ 2008, 427). Dieser Zweck werde durch eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ausreichend erfüllt. Eine nur vorübergehende, durch eine verwaltungsgerichtliche Klage angegriffene Verletzung der Gebietsart könne kein Vorbild für weitere Gebietsverletzungen sein und sei nicht geeignet, eine Umwandlung des Baugebiets zu bewirken (unter Hinweis auf Beschl. des Senats v. 26.08.2011, 1 MB 11/11).

Diese Rechtsauffassung ist zumindest in dieser Absolutheit fragwürdig. So haben andere Gerichts durchaus vom Grundsatz her den Gebietserhaltungsanspruch im Eilverfahren für durchsetzbar gehalten (z. B. OVG Münster, Beschluss vom 6.6.2007 – 7 B 695/07).