VG Regensburg: Optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage (hier verneint)

13.12.2012

Ob eine für den Nachbarn einer Windkraftanlage nicht zumutbare optisch bedrängende Wirkung anzunehmen sei, richte sich nach den Umständen des Einzelfalles. Für die Frage der optisch bedrängenden Wirkung einer Windkraftanlage sei nicht die Baumasse des Turms, sondern die in der Höhe wahrzunehmende Drehbewegung des Rotors von entscheidender Bedeutung, weil ein bewegtes Objekt in deutlich höherem Maße die Aufmerksamkeit erreg als ein statisches. Dabei sei die Bewegung des Rotors umso stärker spürbar, je geringer die Distanz zwischen der Windkraftanlage und dem Betrachter sei und je größer die Dimension der Bewegung sei. Die Rechtsprechung habe davon ausgehend grobe Anhaltswerte ermittelt. Betrage der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe plus halber Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfe die Einzelfallprüfung überwiegend zum Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgehe. Sei der Abstand geringer als das zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfe die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus werde bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Betrage der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das zwei- bis dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedürfe es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalles. Es sei nicht pauschalierend auf die Abstände abzustellen, sondern es seien stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles ins Auge zu fassen (vgl. BayVGH vom 29.5.2009 - 22 B 08.1785).

Nach diesen Grundsätzen sei im zu entscheidenden Fall der Abstand, der eine optisch bedrängende Wirkung indiziere, überschritten. Das Dreifache der Gesamthöhe der Windkraftanlage, nämlich 200 m, werde bei einer Entfernung zum Wohnhaus der Kläger von ca. 890 m der WEA 1, von ca. 810 m der WEA 2 und von ca. 690 m der WEA 3 überschritten. Ein Abstellen auf die konkreten Umstände des Einzelfalles führe ebenfalls nicht zur Bejahung einer unzulässigen optisch bedrängenden Wirkung.

Ob das Grundstück der Kläger in Folge der zugelassenen Nutzung der Nachbargrundstücke eine Wertminderung erfahre, sei unerheblich. Die im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots gebotene Interessenabwägung habe sich am Kriterium der Unzumutbarkeit auszurichten. Zu fragen sei, ob die zugelassene Nutzung zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit eines anderen Grundstücks führt. Da sich jede, auch legale, Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken könne, kommte einer Wertminderung allenfalls eine Indizwirkung für die Interessenabwägung zu. Ein Abwehranspruch könne jedoch nur gegeben sein, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks sei. Das sei hier nicht der Fall. Da insoweit mit dem drittschützenden Rücksichtnahmegebot auch eine den Inhalt des Eigentums bestimmende gesetzliche Regelung vorhanden sei, bestehe ein Abwehranspruch unmittelbar aus Art. 14 GG ebenfalls nicht.