OVG Lüneburg: Im Auswahlverfahren für die Erteilung einer Rettungsdienstleistungskonzession darf der Auftraggeber formelle Ausschlussfristen festlegen.

12.12.2012

Der Rettungsdienstträger habe sich in rechtmäßiger Weise dafür entschieden, das Erfordernis der Vollständigkeit der Unterlagen ohne die Eröffnung einer Ergänzungsmöglichkeit durchgreifen zu lassen und von dem in der Auftragsbekanntmachung geregelten Vorbehalt der Nachforderung fehlender Erklärungen, Angaben und Nachweise keinen Gebrauch zu machen. Eine solche Verpflichtung folge nicht etwa schon daraus, dass die Antragsgegnerin am 27. Juli 2012 die Ausschlussfrist "im Interesse der ordnungsgemäßen Erstellung der Teilnahmeanträge" auf den 20. August 2012 verlängert habe. Es erschließe sich schon nicht, warum infolge einer Verlängerung einer Ausschlussfrist diese dann letztlich obsolet sein solle, wenn sie abgelaufen ist. In tatsächlicher Hinsicht war es zudem nicht etwa so, dass der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Verlängerung der Frist am 27. Juli 2012 Teilnahmeanträge schon vorgelegen hätten, die schon zu diesem Zeitpunkt als unvollständig erkannt worden wären. Abgesehen davon sei die Verlängerung der Ausschlussfrist gerade auch auf Intervention der Antragstellerin erfolgt, die als Unternehmung mit einem europäischen Konzernhintergrund mehr Zeit benötigte. Nach Öffnung der verschlossenen Umschläge mit den Anträgen und den beizufügenden Unterlagen war auch nicht etwa eine Situation gegeben, in der keiner oder zu wenige Bewerber das Vollständigkeitskriterium erfüllt hatten. Vielmehr hätten bei sechs Losen offenbar neun Bewerber den Anforderungen genügt. In einer solchen Situation müsse die Antragsgegnerin nicht zu Gunsten der Antragstellerin eine weitere Nachfrist zur Vorlage noch fehlender Unterlagen einräumen. Dies musste sie auch nicht deshalb, weil sie offenbar im Hinblick auf einzelne abgegebene Erklärungen der Bewerber nachgefragt hatte, ob sie diese richtig verstanden habe.

Nach Auffassung des OVG besteht ein substantieller Unterschied zwischen einer gänzlich fehlenden Unterlage - hier der kommunalen Unbedenklichkeitsbescheinigung - einerseits und einer Erörterung im Hinblick auf bereits vorliegende, möglicherweise aber inhaltlich klärungsbedürftige Unterlagen anderseits. Die Anlehnung des verwaltungsrechtlichen Auswahlverfahrens an vergaberechtliche Strukturen (vgl. insoweit die Differenzierung zwischen Inhaltsaufklärung und Vollständigkeitsprüfung in §§ 18, 19 VOL/A-EG) rechtfertige insoweit eine streng formalisierte Sichtweise, die von der Antragsgegnerin dann auch gewählt worden sei. Die Bedingungen der Auftragsbekanntmachung waren schließlich für alle Bewerber gleich; neun Bewerber hatten es auch geschafft, die geforderten Unterlagen rechtzeitig vorzulegen. Es ei mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz kaum zu vereinbaren, wenn man bei anderen Bewerbern, die diese "Minimalanforderung" - aus welchen Gründen auch immer - gerade nicht erfüllt haben, die Ausschlussfrist nicht durchgreifen lassen würde.