BVerwG: Kommunale Richtlinien können der Normenkontrolle unterliegen

15.11.2012

Der Antragsteller, der ein Plakatierungsunternehmen betreibt, wandte sich gegen die von der Antragsgegnerin erlassene Richtlinie über die Werbung im öffentlichen Raum durch Plakate, Banner und Fahnen. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte seinen Antrag auf Normenkontrolle gemäß § 47 VwGO als unstatthaft abgewiesen. Bei dieser Richtlinie handele es sich – so der VGH - nicht um eine Rechtsvorschrift im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 VwGO, sondern um eine der Normenkontrolle nicht unterliegende Verwaltungsvorschrift. Das würden schon ihre äußere Form und die Umstände ihres Zustandekommens, nämlich die Bezeichnung als Richtlinie, der fehlende Hinweis auf eine Ermächtigungsgrundlage und die fehlende Bekanntmachung als Rechtsnorm zeigen.

In seinem Beschluss, mit dem das BVerwG im Ergebnis den Revisionszulassungsantrag ablehnt, führt dieses zu der hier zentralen Frage der Rechtsnormqualität der genannten Richtlinie aus:

„[…] In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass zu den im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO außer landesrechtlichen Satzungen und Rechtsverordnungen, die zweifelsfrei unter diese Regelung fallen, auch Vorschriften gehören, die dadurch Rechtsnormqualität erlangt haben, dass sie unabhängig von ihrem materiellen Gehalt durch Satzung oder Rechtsverordnung für verbindlich erklärt worden sind (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1988 - BVerwG 7 NB 2.88 - BVerwGE 81, 128 zu den Teilen eines Abfallwirtschaftsplans, die im Sinne von § 29 Abs. 4 KrW-/AbfG für verbindlich erklärt worden sind). Darüber hinaus ist anerkannt, dass Sinn und Zweck des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ein weites Verständnis des dort verwendeten Begriffs der Rechtsvorschrift nahelegen. Dem trägt das Bundesverwaltungsgericht unter anderem dadurch Rechnung, dass es auch Regelungen, die anhand formeller Kriterien nicht eindeutig als Rechtsnormen zu qualifizieren sind, nicht von vornherein vom Kreis der Rechtsvorschriften ausschließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 - BVerwG 4 CN 6.03 - BVerwGE 119, 217 <221 m. w. N.>). Es rechnet insbesondere solche Regelungen darunter, denen eine unmittelbare rechtliche Außenwirkung zukommt. Dagegen stellen allgemeine Verwaltungsvorschriften, wenn und soweit sie sich darauf beschränken, verwaltungsintern das Handeln nachgeordneter Behörden zu binden und zu steuern, keine Rechtsvorschriften im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO dar (vgl. Urteil vom 25. November 1993 - BVerwG 5 N 1.92 - BVerwGE 94, 335 <338 f.>; ebenso Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, § 47 Rn. 13). Daraus folgt als Antwort auf die vom Antragsteller aufgeworfene Frage zugleich, dass allein der Umstand, dass der Normgeber eine Regelung als Richtlinie und interne Verwaltungsvorschrift bezeichnet, noch nicht dafür ausreicht, diese Regelung dem Anwendungsbereich von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu entziehen; entscheidend ist nicht die Bezeichnung, sondern der Umstand, ob der betreffenden Regelung eine unmittelbare rechtliche Außenwirkung zukommt. […]“