Gebot der Losaufteilung: Ausnahmen und Prüfungsmaßstab?

21.08.2012

 

Zu: VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 - 1/SVK/050-11

                      

Die Antragstellerin wandte sich gegen die Ausschreibung von Straßenbauarbeiten inklusive Errichtung einer Lärmschutzwand im Wege der Gesamtvergabe. Schon mit ihrer Antwort - im späteren Nachprüfungsverfahren vertieft - begründete die Vergabestelle die von ihr getroffene Entscheidung, die Lärmschutzwände nicht als gesondertes Fachlos auszuschreiben, unter Berufung auf hohen öffentlichen und politischen Termin- und Zeitdruck. Das Erfordernis einer optimierten Ablaufplanung sowie zeitliche und technologische Verflechtungen, die nicht im Detail vorgegeben und terminlich nicht abschließend festgelegt werden könnten, würden zu Erschwernissen führen, die zum Absehen von einer losweisen Vergabe berechtigten. Zudem erfordere die kleinteiligere Vergabe einen höheren Überwachungsaufwand.

 

Die VK Sachsen hält eine weitere Losaufteilung für nicht erforderlich. Zwar sehen die vergaberechtlichen Vorschriften als Regelfall eine Auftragsteilung in Teil- und Fachlose vor; jedoch bestehe ein Regel-Ausnahme-Prinzip. Dabei sei zunächst festzustellen, ob die Leistung sinnvoll teilbar sei, was jedoch bei unterschiedlichen Gewerken regelmäßig anzunehmen sei. Der Verzicht auf die Fachlosvergabe sei dabei nur zulässig, wenn der Verzicht in der Vergabedokumentation detailliert und nachvollziehbar im Wege einer Ex-ante-Betrachtung dargelegt und begründet sei. Im Wege der Nachprüfung seien diese Gründe als Ermessensentscheidung lediglich eingeschränkt auf sachwidrige Gründe bzw. Willkür zu prüfen. Die von der Vergabestelle genannten Gründe rechtfertigten die getroffene Entscheidung. Allerdings müsse der mit einer losweisen Vergabe verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsaufwand grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Demgegenüber obliege es der Vergabestelle nicht, erschöpfende Untersuchungen über alternative Lösungsansätze in technologischer oder baubetrieblicher Hinsicht durchzuführen; insbesondere sei es lebensfremd, eine umfassende Dokumentation alternativer Betrachtungsweisen einzufordern.

 

Mit der Entscheidung erleichtert die VK Sachsen Auftraggebern die Darlegung von die Losvergabe ausschließenden Gründen. Zwar muss eine objektiv nachvollziehbare Einschätzung vorgenommen und dokumentiert werden, jedoch kann - insoweit verweist die Vergabekammer auf die Entscheidung des BGH - eine Reduktion der Dokumentationspflicht im Einzelfall in Betracht kommen. Der BGH rechtfertigt allerdings eine unzureichende Dokumentation nicht ohne Weiteres. Richtig ist sicherlich, dass nicht sämtliche alternativen Ausführungsarten umfassend mittels Gutachten oder Analysen dargelegt werden können. Gleichwohl sollten Vergabestellen auch künftig auf eine sorgsame Darlegung von Gründen, die das Absehen von einer Losvergabe rechtfertigen, in der Vergabeakte nicht verzichten.