Planung nicht genehmigungsfähig: Architekt haftet!

21.08.2012

 

Zu: OLG Frankfurt, Urteil vom 15.12.2011 - 12 U 71/10

 

Der Bauherr beauftragt den Architekten mit dem vollen Leistungsbild entsprechend § 15 HOAI a.F. Bei der Planung weicht der Architekt von bauplanungsrechtlichen Vorgaben ab, nämlich von der im Bebauungsplan vorgegebenen Grundflächenzahl, den erforderlichen Abstandsflächen und den nach dem Bebauungsplan zulässigen Dachformen, und lässt das Gebäude auch so errichten. Eine behördliche Genehmigung für diese Planung liegt nicht vor. Nachdem die zuständige Behörde von der bauordnungswidrigen Ausführung erfährt, untersagt sie die Nutzung des Gebäudes. Der Bauherr erreicht später eine Legalisierung des Bauvorhabens. Mit seiner Klage begehrt er unter anderem die Feststellung, dass der Architekt wegen der zeitweiligen Nutzungsuntersagung zum Schadensersatz verpflichtet ist.

 

Die Klage hat Erfolg. Das Landgericht und das Oberlandesgericht verurteilen den Architekten antragsgemäß. Das Berufungsurteil stellt darauf ab, dass der mit dem vollen Leistungsbild beauftragte Architekt regelmäßig eine genehmigungsfähige Planung schuldet. Das anfängliche Fehlen einer genehmigungsfähigen Planung stellt aus Sicht des Gerichts eine Pflichtverletzung des Architektenvertrags dar, die den Schadensersatzanspruch begründet.

 

Der Architekt, der - zumindest auch - mit der Entwurfsplanung beauftragt ist, schuldet einen genehmigungsfähigen Entwurf. Das heißt, dass er eine Entwurfsplanung anfertigen muss, die den materiell-rechtlichen Anforderungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts entspricht und somit genehmigungsfähig ist. Das Vorliegen einer genehmigungsfähigen Planung allein hätte im vorliegenden Fall allerdings nicht ausgereicht, die Schäden, deretwegen die Klägerin die Feststellungsklage erhoben hat, zu vermeiden. Denn wenn die Genehmigung nicht erteilt wird, das Gebäude also formell rechtswidrig ist, kann die Behörde ebenfalls die Nutzung untersagen. Soweit den Architekten Pflichten in Bezug auf die Herbeiführung der Baugenehmigung, also den Verwaltungsakt, treffen, kann er auch in diesem Fall schadensersatzpflichtig werden. Solche Pflichten hat er in der Regel im Rahmen der Genehmigungsplanung; er muss unter anderem die Vorlagen für das Genehmigungsverfahren erarbeiten, notwendige Verhandlungen mit Behörden führen und die Unterlagen einreichen. Für die Genehmigungsfähigkeit der Planung muss der Architekt verschuldensunabhängig einstehen. Ist sie nicht genehmigungsfähig, liegt ein wesentlicher Mangel vor, der der Abnahmefähigkeit des Architektenwerks entgegensteht, so dass der Architekt hierfür auch kein Honorar beanspruchen kann. Hat er die mangelnde Genehmigungsfähigkeit auch noch zu vertreten, macht er sich außerdem schadensersatzpflichtig.