Der Auftragnehmer ist nicht an seine Schlussrechnung gebunden.

21.08.2012

 

Zu: OLG Hamm, Urteil vom 21.02.2012 - 21 U 93/11

Der Auftragnehmer erhält im Jahr 2000 den Auftrag zur Ausführung von MSR-Technik. Die VOB/B ist vereinbart. Als es zu Verzögerungen im Bauablauf kommt, führt der Auftragnehmer auf Anordnung des Auftraggebers Beschleunigungsmaßnahmen durch. Nach Abnahme der Leistung stellt der Auftragnehmer im April 2004 seine Schlussrechnung, mit der er Beschleunigungskosten in Höhe von 540.000 Euro geltend macht. Die Rechnung wird vom Auftraggeber zwar kurzfristig geprüft, aber nicht bezahlt, woraufhin der Auftragnehmer Mitte 2005 Klage erhebt. Im Verlauf des Prozesses stellt sich heraus, dass die tatsächlichen Beschleunigungskosten über 830.000 Euro betragen. Während der Auftraggeber insoweit die Einrede der Verjährung erhebt, beantragt der Auftragnehmer am 05.03.2010, ihm weitere 290.000 Euro zuzusprechen.

 

Ohne Erfolg. Zwar entfaltet die Schlussrechnung - von den Fällen des § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B abgesehen - keine Bindungswirkung zu Lasten des Auftragnehmers, so dass der Auftragnehmer nicht gehindert ist, auch nach Stellung der Schlussrechnung noch Ansprüche aus dem betreffenden Bauvorhaben geltend zu machen. Allerdings ist der weitergehende Vergütungsanspruch verjährt. Nach Prüfung der Schlussrechnung bzw. dem Ablauf der zweimonatigen Prüffrist des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B werden nicht nur diejenigen Forderungen fällig, die in der Rechnung enthalten sind, sondern zudem solche, die in die Schlussrechnung nicht aufgenommen worden sind, aber in ihr hätten enthalten sein können. Insoweit gilt eine einheitliche Fälligkeit für alle Ansprüche aus einem einheitlichen Auftrag. Die Verjährung begann vorliegend gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 31.12.2004 und endete am 31.12.2007. Die im Jahr 2005 erhobene Klage führte nicht zu einer Hemmung der Verjährung in Bezug auf die erst später geltend gemachten 290.000 Euro. Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, wird die Verjährung auch nur insoweit gehemmt.

 

Der Grundsatz, dass der Auftragnehmer nicht an seine Schlussrechnung gebunden ist, wird lediglich von § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B durchbrochen. Danach schließt die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung etwaige Nachforderungen aus, wenn der Auftragnehmer über die Schlusszahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlusswirkung hingewiesen wurde. Diese Regelung ist allerdings AGB-widrig und unwirksam, wenn man - wie dies in der Praxis üblich ist - die VOB/B nicht "als Ganzes" vereinbart hat. Zudem muss der Hinweis auf den mit einer vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung verbundene Ausschluss etwaiger Nachforderungen ausdrücklich erfolgen. Die Erklärung, dass "diese Mitteilung unter Hinweis auf die Ausschlusswirkung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B erfolgt", genügt dieser Anforderung nicht.