Sperrzeitregelung im Konflikt zwischen Wohnnutzung und Tanzlokalbetrieb

21.08.2012

 

Zu: VGH München, Urteil vom 24.05.2012 - 22 ZB 12.46

 

Die Betreiber einer Tanz- und Musikkneipe in der Innenstadt von Kitzingen wandten sich gegen einen Bescheid der Großen Kreisstadt, mit dem der Beginn der Sperrzeit für ihre Gaststätte auf 2.00 Uhr festgesetzt wurde. Ihre Klage gegen diese sogenannte Sperrzeitverlängerung wies das VG Würzburg ab, obwohl in Bayern seit 2005 die Sperrzeit für Gaststätten allgemein, d.h. ohne besondere Regelung, durch Verordnung auf die Zeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (sogenannte "Putzstunde") begrenzt ist.

Der VGH München hat den Antrag der Gastwirte auf Zulassung der Berufung abgelehnt und damit das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ergeben sich "besondere örtliche Verhältnisse" als gaststättenrechtliche Voraussetzung für die Sperrzeitenregelung vorliegend aufgrund unzumutbarer Lärmbelastungen, aufgrund erheblicher Verschmutzung der Umgebung und aufgrund von Sicherheitsbeeinträchtigungen. Das Verwaltungsgericht habe – auch ohne einen technischen Nachweis in Form von dokumentierten Lärmmessungen – nach den konkreten Umständen darauf schließen dürfen, dass den häufigen polizeilichen Einsätzen zum einen Lärmereignisse (Beeinträchtigung der Nachtruhe durch Gäste auf dem Weg zu und von der Gaststätte) und zum anderen auch sonstige Sicherheitsbeeinträchtigungen zu Grunde gelegen seien. Die Sperrzeitvorschriften sollen vor entsprechenden Beeinträchtigungen schützen, wenn sie – wie hier – von Gästen einer Gastwirtschaft ausgehen und dem Gaststättenbetrieb zuzurechnen seien. In Kitzingen seien nach einer Stellungnahme der Polizei vom Oktober 2011 in nur zwei Monaten in der Nacht zwischen 2.00 Uhr und 6.00 Uhr wiederholt Einsätze zu verzeichnen gewesen, bei denen wegen Straftaten (u.a. Diebstahl, Körperverletzung, Beleidigung, Sachbeschädigung) sowie wegen körperlicher Auseinandersetzungen insbesondere aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums von Gästen des betroffenen Tanzlokals eingeschritten werden musste.

Darüber hinaus und unabhängig hiervon sei die verfügte Sperrzeitverlängerung auch gerechtfertigt, weil Gäste des Lokals wiederholt öffentliche Verkehrsflächen und private Grundstückszufahrten mit Urin, Essensresten und Erbrochenem erheblich verunreinigt hatten.

Für den Verwaltungsgerichtshof war dabei der Vortrag der Gaststättenbetreiber, sie hätten alle möglichen und zumutbaren Sicherheitsmaßnahmen zur Verhinderung der vorgenannten, nachteiligen Auswirkungen ergriffen, unter dem Gesichtspunkt der zurechenbaren Verantwortlichkeit im Sicherheitsrecht irrelevant. Die behördliche Sperrzeitverfügung sei unter Berücksichtigung der widerstreitenden Grundrechtspositionen – maßgeblich der Berufs- und Eigentumsfreiheit der Gastwirte einerseits und dem Schutz der Nachtruhe und damit auch der Gesundheit der Anwohner andererseits – verhältnismäßig. Auch bei einer Öffnungszeit bis 2.00 Uhr an Wochenenden sei ein genehmigter Betrieb als Musikkneipe bzw. Diskothek noch grundsätzlich gewährleistet.