Die Höchstsätze der HOAI gelten auch für Stararchitekten!

17.07.2012

 

Zu: OLG Stuttgart, Urteil vom 29.05.2012 - 10 U 142/11 (nicht rechtskräftig)

 

Ein privater Bauherr beauftragt einen renommierten, für seine Architektursprache bekannten Architekten mit Planungsleistungen für eine Stadtvilla. Vereinbart wird für die Honorarberechnung unter anderem Honorarzone V. Das so ermittelte Honorar wird zudem mit dem Faktor 1,5 multipliziert. Begründet wird dies im Vertrag mit einer dem Medizinbereich entlehnten "Chef-Architekten-Betreuung". Nach Beendigung der Zusammenarbeit beruft sich der Bauherr auf die Unwirksamkeit dieser Honorarvereinbarung, da das so vereinbarte Honorar den von der HOAI vorgegebenen Höchstsatz überschreite. Dies wird vom Architekten nicht in Abrede gestellt. Er beruft sich jedoch auf die ausnahmsweise Zulässigkeit dieser Höchstsatzüberschreitung, da eine außergewöhnliche Leistung im Sinne des § 4 Abs. 3 HOAI a.F. vorliege. Für ihn als Künstler gelte der Honorarrahmen der HOAI nicht. Die von ihm geplanten Objekte seien Anziehungspunkte für Architekturtouristik und Gegenstand verschiedener Ausstellungen. Er beruft sich ferner auf seine Nominierung für bedeutende Architekturpreise.

 

Ohne Erfolg! Die Honorarvereinbarung ist wegen Verstoßes gegen das Höchstsatzgebot der HOAI nichtig. Die HOAI gilt objekt- und nicht personenbezogen. Ob der Auftragnehmer Architekt, Handwerker, Sachverständiger oder Künstler ist, findet bei der Frage der Anwendung der HOAI keine Berücksichtigung. Auch für den auslegungsbedürftigen Begriff der außergewöhnlichen Leistung im Sinne des § 4 Abs. 3 HOAI a.F. kommt es nicht auf die Person des Leistenden, sondern auf das konkret geplante Objekt an. Das Vorliegen einer außergewöhnlichen Leistung kann stets nur an der konkreten Planung im Einzelfall beurteilt werden. Allein der Verweis auf das eigene Renommee und frühere Baukunstwerke rechtfertigen die Annahme einer derartigen Leistung nicht. Die Höchstsätze dürfen vielmehr nur überschritten werden, wenn der jeweilige Höchstsatz eine leistungsgerechte Honorierung der konkret zu erbringenden Leistung nicht mehr gewährleistet und sie damit außergewöhnlich ist. Dies gilt auch dann, wenn das konkrete Objekt als urheberrechtlich geschütztes Werk der Baukunst anzusehen ist. Eine diesen Kriterien entsprechende Leistung konnte der Senat auch unter Zuziehung eines Honorarsachverständigen vorliegend nicht erkennen.

 

Der Entscheidung kommt auch im Anwendungsbereich der HOAI 2009 Bedeutung zu, da § 7 Abs. 4 HOAI im Wesentlichen inhaltsgleich zu § 4 Abs. 3 HOAI a.F. ist. Sie fügt sich ein in die mittlerweile allgemeine Auffassung, dass die Vorschriften der HOAI nicht personen-, sondern leistungsbezogen zu verstehen sind: Auf die Person des Leistenden kommt es weder für die Anwendbarkeit der HOAI noch für die Auslegung darin enthaltener Tatbestandsmerkmale an. Die (Teil-)Nichtigkeit der Honorarvereinbarung wegen einer Höchstsatzüberschreitung führt zur Reduzierung des Honoraranspruchs auf das noch zulässige Höchstsatzniveau (BGH, IBR 2007, 685). Im konkreten Fall blieb dem Architekten die Erstattung zu viel bezahlten Honorars erspart, weil das Gericht von der Kenntnis des Bauherrn von der Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung ausging und damit zur Anwendung von § 814 BGB gelangte.