Wird eine Rüge mit einem Angebot eingereicht, so ist diese verspätet.

28.05.2012

 

Zu: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2011 - Verg 81/11

 

Die Vergabestelle schrieb Abschleppmaßnahmen im Offenen Verfahren aus. Die Leistungsbeschreibung basierte auf Durchschnittsmengen aus vergangenen Jahren. Der Antragsteller gab ein Angebot ab, wobei er im Begleitschreiben Hinweise hinsichtlich der von ihm kalkulierten Anzahl der Abschleppvorgänge aufnahm. Hierbei erläuterte er die von ihm in Ansatz gebrachten Mengen als Basis seines Angebots und der Mitteilung, dass es sich hierbei um die tatsächlich in der Vergangenheit angefallenen Mengen handle. Gegen die beabsichtigte Zuschlagserteilung an einen Dritten wandte er sich dann unter Berufung auf das Angebotsbegleitschreiben. Die Vergabestelle vertrat die Auffassung, aufgrund eingetretener Rügepräklusion sei der Antrag bereits unzulässig.

 

Das OLG Düsseldorf fasst den Inhalt des Angebotsbegleitschreibens als Rüge auf. An den Wortlaut einer Rüge dürften keine hohen Anforderungen gestellt werden; entscheidend sei vielmehr, dass die Umstände für einen kalkulationsrelevanten Vergaberechtsverstoß dargelegt worden seien und der Antragsteller auch erkennbar die Erwartung gehegt habe, dass einer Angebotswertung nicht die von der Vergabestelle vorgesehenen, sondern die "richtigen" Zahlen zu Grunde gelegt würden. Allerdings fehle es hier an der Unverzüglichkeit der Rüge. Da der Vergaberechtsverstoß hier aus den Vergabeunterlagen erkennbar sei, hätte er unverzüglich, das heißt jedenfalls bis zur Frist zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen. Entscheidend komme es hierbei auf die Frage an, wann die Rüge der Vergabestelle zur Kenntnis gelangt. Zwar handle es sich bei einer Rüge nicht um eine Willenserklärung im Sinne des § 130 BGB, da sie nicht auf Herbeiführung einer Rechtswirkung abziele, jedoch sei sie als geschäftsähnliche Handlung anzusehen, da sie dem Erhalt der Geltendmachung eines Vergaberechtsverstoßes in einem Vergabenachprüfungsverfahren diene. Vergleichbar sei die vergaberechtliche Rüge mit der rechtzeitigen Anmeldung eines Anspruchs nach § 651g Abs. 1 BGB. § 130 BGB sei daher entsprechend anwendbar, so dass ein Zugang dann vorliege, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelange, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme habe. Somit komme es nicht auf den körperlichen Eingang des Rügeschreibens bei der Vergabestelle, sondern die Möglichkeit der Kenntnisnahme an. Da Angebote bis zum Ablauf der Angebotsfrist ungeöffnet bleiben müssten, sei folglich die Rüge nicht rechtzeitig im Sinne des § 107 BGB eingegangen.